Die größte deutsche Industriebranche steckt in der Krise. Der Arbeitgeberverband kündigt einen Stellenabbau an und fordert tiefgreifende Reformen für die Wirtschaft - nach einem umstrittenen Vorbild.
In der deutschen Metall- und Elektroindustrie könnten nach Arbeitgeberangaben in den nächsten Jahren Zehntausende Arbeitsplätze wegfallen. "Ich erwarte, dass wir in der Metall- und Elektroindustrie in den nächsten fünf Jahren 250.000 bis 300.000 Arbeitsplätze verlieren könnten", sagte Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Noch sind in der größten deutschen Industriebranche nach Verbandsangaben rund vier Millionen Menschen beschäftigt.
Wolf sagte, in den nächsten Jahren gingen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Deshalb könnten die Unternehmen den Stellenabbau "möglichst sozialverträglich" gestalten. Gleichzeitig gebe es einen Arbeitnehmermangel. "Insofern werden wir trotz abgebauter Arbeitsplätze mehr arbeiten müssen." Wolf verlangte mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten.
"Wir befinden uns in einer strukturellen Krise"
In der Metall- und Elektroindustrie laufen Tarifverhandlungen. Ab Ende Oktober ist mit Warnstreiks zu rechnen. Im Mai hatte Wolf in einem Interview angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage gesagt, in den nächsten drei bis vier Jahren könne die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche um 40.000 bis 50.000 sinken.
Wolf sagte nun den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Wir befinden uns in einer strukturellen Krise." Energiepreise, Unternehmenssteuern und Sozialabgaben sowie bürokratische Lasten seien zu hoch.
Die letzte gute gemachte Strukturreform sei die Agenda 2010 gewesen, sagte Wolf. Die umstrittene Reform vor rund 20 Jahren war mit Einschnitten in das Sozialsystem verbunden. Wolf sprach von einer Politik für Menschen und Arbeitsplätze. Er sagte: "Jetzt brauchen wir dringend eine Agenda 2040."