Kolumne Marinić: Wir müssen härter mit der AfD umgehen

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Die Erklärung des Verfassungsschutzes zur AfD kommt zur richtigen Zeit, findet unsere Kolumnistin. Warum wir von nun an härter mit der Partei umgehen müssen.

Der Verfassungsschutz hat die AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft. Mehr als 1100 Seiten wurden gefüllt, leider ist ihr Inhalt bisher verschlossen. Ich würde das gern lesen, so wie Marquis de Sade, nur im Behördenstil. Ich brauche diese Seiten allerdings nicht, um zu erfahren, ob ich es mit Extremisten zu tun habe. Für die meisten jüdischen Mitbürger ist das klar, seit Gauland Hitler und die Nazis als "Vogelschiss" bezeichnete. Für viele eingewanderte Deutsche und Ausländer wurde der Extremismus offenbar, als es hieß, dass die SPD-Politikerin Aydan Özoğuz in Anatolien entsorgt werden könne. Bei anderen machte es klick, als "Abschiebetickets" in den Briefkästen lagen. Diese "rechtsextremen Teile der AfD" sind nun endlich im rechtsextremen Ganzen aufgegangen. Man darf die AfD zur deutschen Einheit beglückwünschen. Hier läuft es einmal fair zwischen Ost und West.

Wie laut müssen die Demokraten jetzt sein?

Doch gut 20 Prozent der Wählerstimmen reichen nicht, um eine rechtsextreme Partei zu legitimieren. Die Mobilisierung macht die Mitglieder der AfD nicht zu Demokraten, sondern die Partei zu einer gefährlichen Massenbewegung. Der Normalisierungswahn der vergangenen Jahre, der Erkenntnisse aus der deutschen Geschichte ignorierte, hat uns viel Zeit gekostet. Immer wieder behauptet die AfD, eine demokratische Alternative zu sein, dabei hat sie nicht eine einzige alternative Lösung für die aktuellen Problemlagen eingebracht. Politische Gegner sind trotzdem ratlos, und Teile der Medien helfen fleißig mit, die Partei als Gegenmodell zu den Etablierten zu präsentieren. Wie immer wurde die AfD nach der Erklärung des Verfassungsschutzes ins Fernsehen gebeten, wo sie sich als Opfer inszenierte. Die Sender begründeten dies mit dem absurden Argument, man wolle ihr durch Ausladung nicht ermöglichen, sich als Opfer zu inszenieren.

Während der WDR etwa ein satirisches Video mit "Oma ist 'ne alte Umweltsau" nach Beschwerden von Facebook löschte, werden uns trotz anderer Zuschauerbeschwerden Chrupalla und Weidel in Dauerschleife serviert und mit ihnen der Versuch, den Verfassungsschutz zu diffamieren. Wie laut müssen die Demokraten jetzt sein?

Natürlich hat der Verfassungsschutz Sachen falsch gemacht, etwa, als es um die Morde des NSU ging. Doch hier schützt er endlich den Staat und seine Bürger vor Angriffen. Wie nötig wir diesen Schutz haben, zeigte Björn Höcke öffentlich, als er sofort den Angestellten des Verfassungsschutzes riet, sich eine neue Arbeit zu suchen. "Am Ende wird es wie immer in der Geschichte heißen: Mitgehangen – mitgefangen." Er träumt schon vom Willkürgericht.

Man muss der AfD keinen Gefallen tun

Im vergangenen Wahlkampf wurden einige Interviews mit Alice Weidel so handzahm geführt, als bereite man im öffentlich-rechtlichen Rundfunk den Gesprächskreis mit der AfD im Rundfunkrat vor. Kritischer Journalismus aber muss den Rechtsextremismus klarer herausarbeiten, wenn man ihm schon die Bühne bietet. Zudem verschwinden jene aus dem öffentlichen Raum, die nicht mit Rechtsextremen in einem TV-Studio sitzen und keinen Showstreit für die Quote wollen. Der mediale Fokus auf die AfD schließt immer mehr Menschen aus den Diskussionen aus.

Sie sei doch demokratisch gewählt, heißt es oft, als müsse man der AfD den Gefallen tun, die deutsche Geschichte auszulöschen. Man muss der AfD keinen Gefallen tun, man muss sie stellen. Die Entscheidung des Verfassungsschutzes bietet uns eine Chance. Nutzen wird sie, wer an die wehrhafte Demokratie glaubt. Der Rest wird der AfD den Weg ebnen. Er sollte sich aber fragen, warum er das jetzt noch will.