
Fast eine Billion Euro für die Infrastruktur und die Rüstung: Darauf haben sich CDU, CSU und SPD am Dienstag geeinigt. Doch ob es eine große Koalition geben wird, sei noch unklar. Das sagt SPD-Chef Lars Klingbeil bei Maischberger in der ARD.
Die Unionsparteien und die SPD haben einiges vor. Sie wollen zwei sogenannte Sondervermögen vom amtierenden Bundestag beschließen lassen. Nächste Woche soll es so weit sein. Die Vermögen haben einen Gesamtwert von knapp einer Billion Euro und sollen für Investitionen in die Aufrüstung und die Infrastruktur genutzt werden. Denn was sich schon seit der Amtsübernahme des neuen US-Präsidenten angebahnt hatte, ist vor wenigen Tagen passiert: Donald Trump hat die Seiten gewechselt. Europa kann sich nicht mehr auf seinen einstigen Bündnispartner verlassen. Doch für die beiden Finanzpakete muss das Grundgesetz geändert werden. Dazu braucht es eine Zweidrittelmehrheit, die auch im aktuellen Bundestag die Union und die SPD gemeinsam nicht vorweisen können. Also brauchen sie die Grünen, mit denen am Mittwochmittag erste Gespräche geführt wurden. Das sagt SPD-Chef Lars Klingbeil, der am Abend Gast bei Sandra Maischberger im Ersten ist. Was dabei bisher herausgekommen ist, verrät er nicht.
"Wir waren immer sehr klar: Wir brauchen Investitionen, damit dieses Land funktioniert, damit die Bahn pünktlich kommt, damit die Kitas verlässlich sind und die Eltern Verlässlichkeit haben, und die Straßen heile sind und die Brücken tragen", sagt Klingbeil. Und er fügt hinzu: "Wir brauchen Investitionen in unsere Sicherheit. Wladimir Putin lässt sich von der Schuldenbremse nicht beeindrucken." Deswegen brauche man eine starke Bundeswehr. "Für uns war völlig klar, dass wir in Gespräche mit der Union nur reingehen und etwas gemeinsames Hinzubekommen versuchen, wenn wir gemeinsam die finanzpolitischen Realitäten dieses Landes anerkennen." Klingbeil habe jetzt den Wunsch, gemeinsam mit der Union das hinzubekommen, was wichtig für dieses Land sei.
Während die Höhe des Investitionspakets für die Infrastruktur klar ist, ist das Paket für die Bundeswehr unbegrenzt. Allerdings hat ein Finanzstaatssekretär am Mittag eine Rechnung vorgelegt. Er geht von bis zu 1,8 Billionen Euro in den nächsten zehn Jahren aus. "Man muss sich mit den Zahlen nicht überschlagen", versucht Klingbeil zu beruhigen. "Wir haben gesagt, wir wollen das nicht mit einem Sondervermögen machen, sondern indem wir in die Reform der Schuldenbremse einsteigen." Die Unionsparteien und die SPD wollen die Schuldenbremse reformieren, um die Kosten für die Sicherheit und Verteidigung aus dem Konkurrenzverhältnis mit den Ausgaben für die Infrastruktur herausnehmen zu können.
Zwischen 200 und 300 Milliarden für die Bundeswehr
Man habe sich verabredet, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben. Allerdings könne dieses Ziel auf dem Nato-Gipfel im Juni angehoben werden. "Das muss Deutschland dann auch erreichen", sagt Klingbeil. "Die Bundeswehr braucht das Geld, das sie haben muss, um unsere Sicherheit zu gewährleisten. Und dafür haben wir am Dienstag die Türen geöffnet." Klingbeil geht davon aus, dass für die Bundeswehr in den nächsten zehn Jahren zwischen 200 und 300 Milliarden Euro anfallen werden.
"Und das geht ohne Steuererhöhungen?" fragt Sandra Maischberger etwas zweifelnd. "Wir werden in den nächsten Tagen weiter sondieren, wir haben weitere Klärungspunkte", antwortet Klingbeil etwas nebulös. Das Investitionspaket in die Infrastruktur werde Wirtschaftswachstum mit sich bringen, ist er sich sicher. Über Steuererhöhungen mag er nicht reden - und kann es vielleicht auch noch gar nicht.
"Werden keine faktischen Grenzschließungen mitmachen"
Was er aber sagen kann: die beiden Finanzpakete sollen vom aktuellen Bundestag abgesegnet werden. "Es ist eine dramatische Lage, in der wir uns befinden, und ich glaube, niemand stellt in Frage, dass es eine Eilbedürftigkeit gibt und dass die Entscheidungen getroffen werden. Und alle Juristen, die das überprüft haben, sagen uns: Ihr könnt das sehr klar machen."
Eine zukünftige Koalition ist für Klingbeil damit jedoch noch nicht "in Sack und Tüten". "Die eigentlichen Gespräche fangen jetzt erst an", so der SPD-Chef. In den nächsten Tagen werde es um die Sicherung der Renten und um Familien mit niedrigen Einkommen gehen. "Da liegen noch harte Brocken vor uns."
Das gilt auch für das Thema Migration. Und hier macht Klingbeil klar: "Die SPD wird keine faktischen Grenzschließungen mitmachen. Das können wir national nicht umsetzen. Und vor allem: Es ist europäisch unvernünftig. In einer Zeit, wo die Antwort auf Donald Trump ein starkes Europa sein muss, kann es doch nicht sein, dass das größte und stärkste Land in Europa vorangeht und die Grenzen zumacht. Das werden wir als SPD nicht mitmachen." Man werde auch weiterhin viel miteinander zu bereden haben, so Klingbeil. "Und der Ausgang ist noch nicht festgeschrieben."