Ein mutmaßlich an der Sprengung der Nord-Stream-Pipelines Beteiligter kann trotz eines Haftbefehls aus Deutschland in Polen entkommen. Das wirft die Frage auf, ob die polnischen Behörden in dem Fall ausreichend kooperieren. Ministerpräsident Tusk reagiert auf X alles andere als selbstkritisch.
Wenige Tage nach Bekanntwerden eines Haftbefehls gegen einen Ukrainer im Fall der Pipeline-Sabotage in der Ostsee hat sich der polnische Regierungschef Donald Tusk zu Nord Stream geäußert. "An alle Initiatoren und Schirmherren von Nord Stream 1 und 2: Das einzige, was ihr jetzt tun solltet, ist euch entschuldigen und still sein", schrieb Tusk auf X. Mehrere Sprengungen hatten die beiden Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 Ende September 2022 beschädigt und unterbrochen.
Zu den Tätern und den Drahtziehern der Sabotage kursieren bis heute unterschiedliche Spekulationen. Das russisch-deutsche Projekt war politisch höchst umstritten - nicht erst, seit Russland im Februar 2022 die Ukraine angriff. Polen lehnte den Bau der Nord-Stream-2-Pipeline stets ab.
Der Leiter des nationalen Sicherheitsbüros in Warschau, Jacek Siewiera, kommentierte Tusks Botschaft auf X mit den Worten: "Schlechte Nachricht für die Angesprochenen: In Polen gibt es einen felsenfesten Konsens über diese Angelegenheit." Dazu fügte er einen zwinkernden Smiley hinzu.
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die polnische Staatsanwaltschaft von der Bundesanwaltschaft einen Europäischen Haftbefehl zur Festnahme des Verdächtigen erhalten hat, der sich zuletzt in Polen aufgehalten, aber sich von dort aus in sein Heimatland abgesetzt haben soll. Nach Bekanntwerden des Haftbefehls und der Ausreise des Tatverdächtigen kam in Deutschland die Frage auf, ob die polnischen Behörden ausreichend bei der Aufklärung des Sabotageakts kooperierten.