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Das Kartellamt hat zunehmende Preisschwankungen an den deutschen Tankstellen kritisiert. Diese machten es Verbraucherinnen und Verbrauchern immer schwieriger, Preise zu vergleichen und zu günstigen Zeitpunkten zu tanken.
Die steigende Zahl der Preisänderungen an Tankstellen bereitet dem Bundeskartellamt Sorge. Während es im Jahr 2014 täglich noch etwa vier bis fünf Preisänderungen gegeben habe, wurden die Preise Anfang 2024 durchschnittlich schon 18-mal täglich geändert, teilte die Bonner Behörde heute mit. Dies könnte Verbraucherinnen und Verbrauchern die Suche nach günstigen Angeboten erschweren. Die Wettbewerbshüter wollen die Entwicklung weiter untersuchen - und "weitere Handlungsschritte" prüfen.
Gestörter Wettbewerb in der Mineralölwirtschaft?
Grundsätzlich sieht das Kartellamt Anzeichen für wettbewerbliche Probleme bei Mineralölprodukten. Die Behörde empfiehlt deshalb dem Gesetzgeber eine stärkere gesetzliche Regulierung von Preisnotierungen im Mineralölbereich, wie sie auf Basis einer breiten Untersuchung des Marktes mitteilte. Die Wettbewerbshüter prüfen zudem, selbst aktiv zu werden und Risiken im Zusammenhang mit den in der Branche stark verbreiteten Preisnotierungen nachzugehen.
"Die Untersuchungen haben erneut gezeigt, dass die Bedingungen für einen funktionierenden Wettbewerb im Mineralölbereich in Deutschland schwierig sind", sagte Kartellamtschef Andreas Mundt. Das Kartellamt hatte die Entwicklung der in der Vergangenheit auch infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine gestiegenen Benzin- und Dieselpreise beobachtet und den Markt umfassend analysiert. Hinweise auf illegale Absprachen großer Mineralölkonzerne hatten die Wettbewerbshüter nicht gefunden. Nun legte die Behörde Ergebnisse der Untersuchungen zu Raffinerien und Kraftstoffgroßhandel vor.
Diese zeigen Mundt zufolge mit Blick auf die Marktpreisbestimmung "bei der derzeitigen Ausgestaltung erhebliche wettbewerbliche Risiken". Die Preisnotierungen werden durch Informationsdienste vorgelegt. "Es bestehen nach den Ermittlungen Anreize und Möglichkeiten zur wettbewerbswidrigen Beeinflussung einzelner Preisnotierungen", hieß es in dem Bericht. "Das Bundeskartellamt empfiehlt dem Gesetzgeber zu prüfen, ob Preisnotierungen (...) strengeren gesetzlichen Anforderungen unterstellt werden sollten" - und ob sie besser vor Manipulation geschützt werden könnten.
Spritpreise auf höchstem Stand seit Sommer
Das System der Preisnotierungen spielt in Deutschland eine wichtige Rolle bei der Preisbildung. Die Dienstleistungsanbieter erstellen auf Basis von aktuellen Meldungen und Informationen von Marktteilnehmern Preisempfehlungen; die Preise in langfristigen Lieferverträgen für Mineralölprodukte auf den Großmärkten werden darauf basierend festgelegt.
Das Kartellamt bemängelt, dass die Preisnotierungen in Deutschland maßgeblich von zwei Anbietern herausgegeben werden: S&P Global Commodity Insights sowie die Argus Media. Es bestehe die Gefahr, dass Unternehmen diesen beiden Anbietern nicht alle Preise melden und so die Preissetzung beeinflussen. Seit Jahresbeginn klettern die Spritpreise fast durchgehend nach oben und stehen auf dem höchsten Stand seit Sommer 2024.
Vergangene Woche kostete ein Liter Super E10 dem ADAC zufolge im Durchschnitt 1,762 Euro - 0,6 Cent mehr als in der Vorwoche. Dies war der höchste Benzinpreis seit fast sieben Monaten. Für einen Liter Diesel musste man 1,694 Euro je Liter bezahlen. Nach Ansicht des Automobilverbands ist die aktuelle Entwicklung der Kraftstoffpreise "nicht ohne Weiteres nachvollziehbar". Die Fachleuten raten Autofahrern mit Blick auf die Preise, zwischen 19 und 20 Uhr sowie zwischen 21 und 22 Uhr zu tanken.