Bereits im Juli kürt sich Olaf Scholz quasi selbst zum Kanzlerkandidaten der SPD. Ein Ampel-Aus später sieht vor allem der Parteinachwuchs einen Imageschaden beim Kanzler und forderte kreative Lösungen, um "das Momentum zu drehen".
Juso-Chef Philipp Türmer äußert Zweifel an einer Unterstützung des Kanzlers als Kanzlerkandidaten der SPD. "Es gibt keine Selbstkrönung", sagte er im Podcast des Nachrichtenmagazins Politico. Die endgültige Entscheidung über den Kandidaten liege beim Parteitag und es sei durchaus möglich, "jetzt mit einem anderen Kandidaten ins Rennen zu gehen". Es sei kein Naturgesetz, dass der Kanzler Kanzlerkandidat werde. Er forderte kreative Lösungen, um "das Momentum zu drehen", sollte Scholz vorgeschlagen werden. "Da fehlt mir aktuell noch ein bisschen Kreativität."
Scholz hatte sich bereits im Juli auf seiner traditionellen Sommerpressekonferenz quasi selbst zum Kanzlerkandidaten gekürt. "Ich werde als Kanzler antreten, erneut Kanzler zu werden", sagte er damals.
Türmer äußerte sich besorgt über das Image des Kanzlers. "Wir dürfen nicht so tun, als wäre das Ampel-Aus oder auch die Diskussion der letzten Wochen irgendwie spurlos an Olaf Scholz vorbeigegangen." Er drängte die Parteiführung zu einer schnellen Entscheidung, um aus der "unseligen Kandidatendiskussion" herauszukommen, die der Partei derzeit "enorm" schade.
Bezüglich der Motivation der Jusos, Wahlkampf für Scholz zu machen, räumte Türmer ein: "Ich will nicht verhehlen, dass es aktuell da Motivationsprobleme in unserem Verband gibt." Er verwies auf die inhaltliche Kritik, die der Jugendverband in der Vergangenheit am Kurs des Kanzlers geäußert habe.
SPD-Chef Klingbeil kündigt "zügige" Entscheidung an
SPD-Chef Lars Klingbeil hatte zuvor eine "zügige Entscheidung" über die Kanzlerkandidatur seiner Partei angekündigt. "Ich habe eine Idee, es wird jetzt eine zügige Entscheidung geben", sagte der SPD-Vorsitzende der "Bild"-Zeitung. Zu der Frage, ob Scholz oder Verteidigungsminister Boris Pistorius Kandidat werden sollten, verwies Klingbeil darauf, dass er sich als Parteivorsitzender klar positioniert habe und es auch klare Positionierungen für Scholz etwa aus Brandenburg oder Hamburg gebe. Dennoch höre er in die Partei hinein, weil es unterschiedliche Auffassungen gebe. "Mein Fokus liegt darauf, eine Geschlossenheit herzustellen", betonte Klingbeil.
Er wies den Vorwurf zurück, dass die Debatte in der SPD nur deshalb so hochkoche, weil der Bundesvorstand bisher keinen Kandidaten nominiert habe. Klingbeil hatte sich wie die Co-Vorsitzende Saskia Esken, Fraktionschef Rolf Mützenich und Generalsekretär Matthias Miersch für eine erneute Kandidatur von Scholz ausgesprochen. Es gab zuletzt aber aus etlichen Landesverbänden, darunter dem größten in Nordrhein-Westfalen, kritische Stimmen und Forderungen, dass die SPD besser mit Pistorius in die Wahl ziehen sollte.
Klingbeil betonte, dass er als SPD-Chef "nicht glücklich" über die Äußerungen vieler Politiker in den vergangenen Tagen sei. Das stärke die SPD nicht. Jeder solle prüfen, "ob man mit öffentlichen Zitaten hilft oder nicht".