Takeko Nakano griff mit 18 Frauen die Truppen des Kaisers an. Mit Lanzen gegen moderne Gewehre. Als Takeko fiel, endete auch die Welt der Samurai.
In Japan waren kämpfende Frauen keine Sonderfälle wie im mittelalterlichen Europa. Wie bei den Männern war ihr Leben unauflöslich mit dem jeweiligen Clan verbunden. Ihm galt ihre Treue bis in den Tod. Sie waren Kämpferinnen, wenn auch genau genommen keine Samurai, und ihrem Clan ergeben. Die Onna-musha griffen nicht nur im Notfall zur Waffe, sie kämpften in eigenen Frauenabteilungen. Ausgrabungen von Schlachten zeigen, dass 30 Prozent der Toten Frauen sein könnten. Die Frauen kämpften nicht mit den zwei Schwertern des Daishō-Paars, dem langen Katana und dem Kurzschwert Wakizashi. Sie benutzten meist eine kurze Hieblanze, die Naginata.
Takeko Nakano gehörte zum Aizu-Clan
Die berühmteste aller Frauen-Samurai ist Takeko Nakano. Berühmt wegen ihrer Tapferkeit und vor allem wegen ihrer Haltung im Moment des Todes. Ein vorbildlicher Tod ist in Japan der sicherste Weg in das kollektive Gedächtnis. Takeko Nakano stammte aus einer reichen Familie – verbunden mit dem Clan der Aizu. Doch als sie geboren wurde, hatte schon der Herbst des Zeitalters des Shogunats begonnen. Die Aizu waren als Kriegerelite mit der Herrschaft des Shogunats verbunden und blieben ihm treu bis in den Untergang. Wie die Jungen auch, wurden die Mädchen auf ein Leben als Kriegerinnen vorbereitet. Takeko kam mit sechs Jahren in die Ausbildung bei einem bekannten Meister der Kampfkunst.
Eigentlich eine Kuriosität der Geschichte. Während des Shogunats herrschte Frieden im Land, doch die Kultur war außergewöhnlich kriegerisch. Auch für Mädchen gab es ein Pantheon an Heldinnen. Takeko nahm sich an der legendären Kriegerin Tomoe Gozen aus dem 12. Jahrhundert ein Vorbild. Sie war wunderschön und schlug Krieger und Dämonen in die Flucht. Als die Schlacht von Awazu verloren war, weigerte sie sich zu fliehen und sich zu retten. Obwohl es ihr Fürst ihr befohlen hatte. Sie griff stattdessen den Führer des gegnerischen Heeres an und tötete ihn. So gab sie ihrem Herren Zeit, sich würdevoll auf das Ende vorzubereiten. Diesem Vorbild folgte Takeko Nakano bis in den eigenen Tod.
Der Kampf gegen die Moderne
1853 erzwingen die Amerikaner die Öffnung Japans. Später unterstützen sie das Kaiserhaus bei der Restauration der Macht – was nicht nur das Ende des Shogunats, sondern auch der Samurai bedeutete. Ihre traditionelle Form der Kriegsführung konnte gegen die modernen Waffen der kaisertreuen Truppen nicht bestehen. An Feuerwaffen besaßen die Samurai Musketen, wie man sie aus dem 30-jährigen Krieg kennt.
Das bedeutete auch das Ende der Welt von Takeko Nakano. Die Truppen des Shoguns wurden besiegt, seine Gefolgsleute fielen von ihm ab. Nur die Aizu kämpften weiter gegen die Truppen des Kaisers. Als Edo, die Hauptstadt des Shoguns fiel, zogen sie sich auf ihre Festung Wakamatsu zurück. Das letzte Kapitel begann. Die Burg wurde von einer Frau befehligt – der Prinzessin Teru. Nur wenige Männer hatten überlebt, aber noch verfügte Teru über 600 Frauen. Aus ihnen bildete sie eine Kampfgruppe, die Aizu Jōshitai. Sie wurden von Takeko Nakano befehligt.
Takeko und Prinzessin Teru kannten sich, beide hatten den Kampf mit der Naginata bei dem gleichen Waffenmeister, Akaoka Daisuke, gelernt. Takeko bereitete die jungen Frauen auf den unausweichlichen Kampf vor. "Zeigt keine Angst", schärft sie ihnen ein. Sie, ihre Mutter und ihre Schwester Yuko zogen die Selbsttötung in Erwägung. Doch Takeko und Yuko schnitten ihre langen Haare ab und wählten die Frisur der männlichen Samurai für ihren letzten Kampf. 18 Frauen setzten sich aus der Festung ab, um sich mit den verbliebenen Aizu-Kriegern zu vereinen. Zuerst wollen die Männer die Frauen nicht aufnehmen, erst als Takeko drohte, sie würden sich dann vor ihren Augen umbringen, lenkten die Männer ein.
Das Ende der Samurai
Am Morgen des 10. Oktober 1868 stellten sich die letzten Aizu zur Schlacht. Mit ihren Schwertern und Lanzen stürmten sie auf die Truppen des Kaisers zu. Takeko soll geschickt die Pause nach der Salve der Gewehre genutzt haben. Mit diesem Sturmangriff konnte Takeko konnte ihre Frauen in den Nahkampf führen. Hier waren die Frauen, die ein Leben lang für den Kampf trainiert hatten, den Rekruten des Kaisers überlegen. Der Legende nach richtete Takeko ein Blutbad unter den Feinden an, bis eine Kugel sie in die Brust traf.
Damit der Feind den Kopf ihrer Schwester als Trophäe zur Schau stellen konnte, wollte Yoku ihr den Kopf abschlagen. Doch sie brach zusammen, ein Aizu-Samurai musste ihr helfen. Das Haupt von Takeko Nakano wurde von ihrer Schwester in den Familienschrein gerettet. Ihr Todesgedicht lautet sinngemäß: Ich werde es nicht wagen, mich zu den berühmten Kriegern zu zählen – doch teile ich mit ihnen das gleiche tapfere Herz.
Die Überlebenden Aizu erreichten die Burg. Nach einer Belagerung von einem Monat musste Prinzessin Teru kapitulieren. Die Sieger stiegen über die Leichen von 230 Aizu-Frauen, die lieber in den Tod gingen, als die Niederlage ihres Clans zu ertragen und in die Hand des Feindes zu fallen. Ein Abschiedsgedicht zweier junger Schwestern (13 und 16) sagte: "Hand in Hand wagen wir uns hinaus auf die Reise zum Berg des Todes."
Der Kaiser löste den Stand der Samurai auf. Die Aizu wurden in den Norden des Landes verbannt. Doch Name und Ruhm von Takeko Nakano überlebten, sie zählt zu den bekanntesten Kriegerinnen der Welt.
Quelle: Dokumentation "Samurai Warrior Queens" (2015)