4 months ago

Intrigen-Stadl auf Italienisch: Meloni wittert Komplotte und Verrat allerorten



Giorgia Meloni ist noch immer nicht angekommen in ihrer Rolle als Italiens Premierministerin. Sogar den Polizeibeamten, die für ihren Schutz zuständig sind, traut sie nicht. Mehr aber noch beschäftigen sie die Ambitionen der Berlusconi-Erben, deren Medien Meloni zusetzen.

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni fühle sich zunehmend von Verrätern und Spionen umzingelt, heißt es in den regierungskritischen Medien. Sie vertraue mittlerweile nur mehr ihrem engsten, vornehmlich aus Familienmitgliedern bestehenden Kreis. Meloni wähne sich und ihre Rechts-Mitte-Regierung als Opfer von Intrigen und Komplotten. Deshalb wittere sie auch versteckte Mächte hinter den aktuellen Auseinandersetzungen um Raffaele Fitto.

Fitto ist Italiens Kandidat für einen Kommissionsposten in Brüssel. Dort wird er sehr geschätzt und soll, ginge es nach Meloni, das Amt des exekutiven Vizepräsidenten der EU-Kommission bekommen. Sozialdemokraten, Grüne und Liberale stellen sich jedoch dagegen. Grund dafür: Die Abgeordneten von Melonis Partei Fratelli d’Italia hätten gegen Ursula von der Leyens Wiederwahl zur EU-Kommissionspräsidentin gestimmt.

Die Geliebte mit der Agentenbrille

Melonis Argwohn und Misstrauen könnte man als Klatsch abtun, der auf ihre Amtsausübung keinen Einfluss hat. Dem ist aber nicht so. Anfang dieser Woche beschloss sie von heute auf morgen, keine Polizeibeamten mehr vor ihrem Büro haben zu wollen. Engvertraute sagten, sie wolle nur mehr ihre Leibwächter um sich haben.

Anlass zu dieser Entscheidung war die Affäre um Kulturminister Gennaro Sangiuliano und Maria Rosaria Boccia. Anfangs eine rein berufliche Beziehung, aus der dann mehr wurde. Der Minister hatte Boccia auch einen Auftrag als Beraterin für wichtige Events versprochen, etwa beim G7-Kulturgipfel, der vom 19. bis 21. September in Neapel stattfindet. Als Sangiuliano das Versprechen nicht hielt, begann Boccia den Minister per Instagram bloßzustellen.

Durch die Abrechnung im internet gewann die Affäre eine weitere Dimension: Wie jeder anhand von Boccias Posts sehen kann, hatte sie freien Zutritt zum Abgeordnetenhaus. Während einiger dieser Besuche trug sie eine Brille mit eingebauter Kamera. Warum sie diese Brille trug, was sie aufgenommen hat, ob auch bei organisatorischen Treffen im Hinblick auf den G7-Kulturgipfel, ob sie das nur für den "Eigengebrauch" oder doch im Auftrag von Dritten gemacht hat: Das alles sind bis jetzt unbeantwortete Fragen.

Obskure Machenschaften

Dass Meloni eine gewisse Obsession gegenüber Intrigen und Komplotten hat, deutete sich schon bei der Neujahrskonferenz im Januar an. Damals redete sie von obskuren Machenschaften, Geschäftsleuten und Lobbyisten, die gegen ihre Regierung agierten. Auf die Frage der Journalisten, wen sie damit meine, erwiderte sie: "Mehr kann ich nicht sagen."

Dann war da der Vorfall im August. Bei diesem ging es um Melonis Schwester Arianna, die eine hochrangige organisatorische Funktion in Melonis Partei Fratelli d’Italia innehat. Es hieß, die Staatsanwaltschaft habe Ermittlungen gegen sie eingeleitet, und zwar wegen nicht gestatteten Einflusses auf die Besetzung wichtiger Ämter. Die Nachricht brachte die regierungsnahe Zeitung "il Giornale". Dessen Chefredakteur witterte hinter den Ermittlungen eine Intrige links-liberaler Medien und nannte als mutmaßlichen Regisseur den früheren Regierungschef Matteo Renzi. Meloni erschien die These plausibel. Renzi erwiderte, die Ministerpräsidentin sei Opfer eines Verfolgungswahns.

Was machen Berlusconis Erben?

Mittlerweile ist es aber nicht nur die linke Presse, vor der sich Meloni fürchtet. Da wären auch noch die Kinder des verstorbenen Silvio Berlusconi und deren Medienimperium Mediaset. Vor knapp einem Jahr war es ein TV-Sender dieser Gruppe, der das peinliche Benehmen von Melonis Lebensgefährten öffentlich machte, dem TV-Journalisten Andrea Giambruno. Die Premierministerin reagierte umgehend und gab ihrem Lebensgefährten via Facebook den Laufpass.

Dass vor ein paar Tagen wieder ein Mediaset-Sender Boccia zu ihrer Affäre mit Sangiuliano in eine Sendung eingeladen hatte, soll Meloni zutiefst entrüstet haben. Immer wieder heißt es, Piersilvio und Marina Berlusconi spielten mit dem Gedanken, dass einer von ihnen in die politischen Fußstapfen des Vaters treten könnte. Meloni, die mit der Berlusconi-Partei Forza Italia regiert, dürfte dieses Komplott von allen denkbaren Szenarien am meisten fürchten.

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