"Rosemaries Baby" machte Mia Farrow berühmt, später heiratete sie Frank Sinatra und Woody Allen. Die Ehe mit dem Regisseur endete im Streit. Jetzt wird die Schauspielerin 80.
Noch im Dezember konnte man sie mal wieder sehen. Und erleben. Ein bisschen verhuscht, mit strohigen langen Zöpfen am Kopf spielte sie eine nach der Scheidung verstörte Frau, die für ihre große Wohnung eine Mitbewohnerin bekam, die lesbisch und lustig ein lautes Leben in ihre Welt schaufelte. Im Booth Theatre am New Yorker Broadway, "The Roommate" hieß das Stück und war ein Erfolg. Denn das Publikum lachte viel und staunte wohl auch etwas über sie, über Mia Farrow, die, hatte man ja ganz vergessen, auf der Bühne auch komisch sein konnte.
Das hatte man auch deshalb vergessen, weil sich Mia Farrow in den vergangenen Jahren in der Öffentlichkeit rar gemacht hatte, "ich bin sehr gut darin, nichts zu tun", sagte sie. Aber auch, weil die amüsanten Zeiten und Momente mit ihr eher selten waren und wenn, dann sehr viele Jahre zurückliegen. Und weil das so lange her ist und viele vielleicht gar nicht genau wissen, warum diese Frau, die nun 80 Jahre alt wird, für die Filmgeschichte so bedeutend war, sei es kurz erklärt. Und zwar zweiteilig, denn sonst wird man ihr, aber auch dem, was sie ausgelöst hat, nicht gerecht.Im Stück "The Roommate" begeisterte Mia Farrow Ende 2024 die Zuschauer am New Yorker Broadway
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Fangen wir mit der Schauspielerin an. Mia Farrow, geboren 1945 in Los Angeles als Tochter eines australischen Regisseurs und der irischen Schauspielerin Maureen O'Sullivan, die in den 30er Jahren im Kino als "Jane" an der Seite von Tarzan berühmt wurde, wuchs als Kind in der Filmwelt Hollywoods auf, wollte dann auch mal kurz Nonne werden, litt als Kind an Polio, dachte kurz, dass es das schon war mit ihrem Leben, wurde aber wieder gesund, stand mit zwölf Jahren das erste Mal vor einer Kamera und ging mit 18 Jahren nach New York, um Schauspiel zu lernen.
Mit Anfang 20 heiratete Mia Farrow Frank Sinatra
Nach ein paar Auftritten auf New Yorks Theaterbühnen spielte sie 1963 an der Seite des jungen Ryan O'Neill ("Love Story") die Rolle der Allison in der TV-Serie "Peyton Place", die sehr erfolgreich war und Farrow zu einem jungen Star in den USA machte. Mit ihrer schmalen Statur und ihren kurzen Haaren war sie damals eine Art Gegenentwurf zu dem Frauenbild, das im Kino Diven wie Marilyn Monroe oder Jane Mansfield bestimmten. Und sie machte aus sich eine andere Sorte Star. Aus jenen jungen Jahren wurde berichtet, dass sie eine magnetische Anziehungskraft besaß, schon als Teenager wurde sie eine enge Freundin des Malers Salvador Dalí der ihr "ein Stück vom Mond" schenkte. Und 1965, mit 19, traf sie dann Frank Sinatra, den Crooner und Superstar überhaupt, der sie an ihren Vater erinnerte, weil er das gleiche Rasierwasser im Bad hatte. "Ich will eine große Karriere, einen großen Mann und ein großes Leben. Man muss immer groß denken, das ist der einzige Weg. Ich möchte nie eine Namenlose sein", sagte sie sehr ruhmbeseelt 1965.
Farrow und Sinatra heirateten ein Jahr später, eine der ungewöhnlichsten Ehen Hollywoods. Die aber nur zwei Jahre hielt, als Farrow feststellte, dass Sinatra trinken, brüllen und nicht wie sie um elf ins Bett gehen wollte. 1968 trennten sie sich, und Farrow drehte mit Roman Polanski ihren, bis heute berühmtesten Film "Rosemaries Baby", eine Geschichte über eine junge Frau, die ein Kind des Teufels zur Welt bringen soll. Ausgerechnet sie, die Katholikin.
Danach spielte sie in "Der große Gatsby" mit Robert Redford, traf auf die Beatles bei einer Meditationsreise zum Guru Maharishi Mahesch nach Indien, die alle Beteiligten abbrachen, als sich der Guru bei Farrow in der sexuellen Selbstbedienung versuchte. Danach heiratete Farrow den Pianisten André Previn, der sich für Farrow scheiden ließ. Doch noch mit den Beatles am Ganges-Ufer sitzend, hatte sie beschlossen, "eine Aufgabe zu suchen, die meinem Leben Bedeutung einhauchen könnte."
Hier nun kommen wir in den zweiten Teil der Geschichte Mia Farrows, die, auch wenn sie noch viele Filme drehte, ein zweites Leben um sich herum aufbaute, das Leben der Über-Mutter. Mit ihrem zweiten Mann Previn bekam sie drei Söhne, und das Paar adoptierte zwei vietnamesische und ein koreanisches Mädchen, die damals achtjährige Soon-Yi, die später eine entscheidende Rolle spielen sollte. Farrow trennte sich 1979 von Previn und kam wenig später mit den Regisseur Woody Allen zusammen, mit dem sie bis Anfang der 90er Jahre elf Filme zusammen drehte.
Allen beschrieb 2022 in seinen Memoiren, dass er Farrow "unglaublich schön" fand, dass er aber auch gewisse Alarmsignale an ihr übersehen habe. Denn Farrow wurde zu einer fast manischen Mutter ihrer Kinder, erzog sie wechselweise übermütterlich und dann wieder überstreng. Soon-Yi berichte Jahre später von einer Kindheit aus Strafen, Schlägen und Eingesperrtsein. Farrow, so schien es, konnte die Familie gar nicht groß genug sein. Mit Allen adoptierte sie noch zwei Kinder, und 1987 kam ihr gemeinsamer Sohn Ronan zur Welt, von dem Mia Farrow später andeutete, er könne auch der Sohn von Frank Sinatra sein, mit dem sie lange eng verbunden blieb.
Mia Farrow adoptierte elf Kinder
Anfang der 90er Jahre waren es also 15 Kinder in der Familie Farrow/Allen, die allerdings ohne Allen in Farrows Landhaus außerhalb New Yorks zusammenlebten. Mia Farrow wollte da nicht nur eine gute Mutter sein, sondern viel mehr als das, sie wollte ein guter, wenn nicht der beste Mensch sein. Und sie wollte aus denen um sie herum auch die besten Menschen machen, aus der erzieherischen Fürsorge sollte "Bedeutung" werden, und aus der Familie machte Mia Farrow eine Wagenburg, in deren Innenleben fundamentalistischer Zusammenhalt gepredigt wurde. Und so war sie es, die die ersten Signale des Bruchs übersah.
Denn Woody Allen hatte sich in ihre, dann schon volljährige Adoptiv-Tochter Soon-Yi verliebt, beiden trafen sich heimlich in seiner New Yorker Wohnung, und es entstanden Nackt-Fotos, die Farrow fand. Farrows heil geglaubte Welt explodierte zum ersten Mal, und zum zweiten Mal, als Woody Allen im Landhaus in Connecticut 1992 angeblich die damals siebenjährige Adoptivtochter Dylan Farrow beim Spielen "sexuell angegriffen" und berührt habe. Woody Allen bestritt und bestreitet bis heute den Vorfall, doch Dylan Farrow, betreut und beschützt von Mia, blieb bei ihrer Darstellung.
Was damals folgte, war ein beispiellos hässlicher Krieg aus Vorwürfen und Klagen, es kam zu Verhören, ärztlichen Untersuchungen, zu Gutachten und sogar zu einem Lügendetektor-Test. Und am Ende zu einer Einstellung des Verfahrens gegen Allen, weil die angebliche Tat nie nachgewiesen werden konnte. Aber Frieden war nicht. Farrow sammelte ihre Kinder Dylan und vor allem ihren Sohn Ronan um sich, die über die Jahre die Vorwürfe gegen Allen öffentlich wiederholten und dafür sorgten, dass es Aufrufe gab, nicht mehr seine Filme anzusehen, sie nicht mehr zu finanzieren und – an Schauspieler gerichtet – nicht mehr mit Allen zu arbeiten. woody-allen-bio-siemens 21.15
Allen selbst sprach dann in seinen Memoiren ausführlich davon, dass Mia Farrow seiner Meinung nach ihre Tochter zu der Aussage manipuliert habe und dass es unzählige Indizien geben würde, dass eben damals nichts passiert sei. Es war die vielleicht schmerzhafteste Zerstörung einer Familie und damit auch die Beschädigung eines filmischen Lebenswerkes, bei der Mia Farrow die lauteste Anklägerin war, die bei der angeblichen Tat aber gar nicht im Haus war.
"Ehemänner und Ehefrauen" hieß der letzte Film, den Farrow 1992 mit Allen drehte, danach stand sie noch in 23 Filmen, viele davon für das Fernsehen, vor der Kamera. Sie konnte aber nie an den Schauspielerfolg ihrer frühen Jahre anknüpfen. Und auch die von ihr aufgebaute Familie mit ihren vielen Kindern wurde von Tragödien erschüttert, als zwei der Kinder Selbstmord begingen und eines an Aids starb. Und so teilt sich heute zu, ihrem 80. Geburtstag, Mia Farrow wieder in zwei Persönlichkeiten auf. Die eine, die Schauspielerin, die mit Humor und großer Mimik auf Broadway-Bühnen steht, und die andere, die die Bitterkeit im Trümmerfeld ihre Familie nicht verlassen hat, "ich wünschte, ich hätte ihn (Allen) nie getroffen." Die aber heute, wie sie sagt, ihren Frieden gefunden hat. Und als Schauspielerin sagte sie, könne sie jeden verstehen, der gerne mit Allen arbeitet.