Nach Bekanntwerden der angeblichen Pläne der FDP, den Ampelbruch zu provozieren, schießt sich die SPD verbal auf den Ex-Koalitionspartner und deren Chef Lindner ein. Es fallen deftige Worte, es ist von "Betrug", "Schmierentheater" und "Ehrlosigkeit" die Rede.
Nach Medienberichten über angeblich wochenlange Vorbereitungen der FDP für ein Ampel-Aus hat SPD-Generalsekretär Matthias Miersch dem ehemaligen Koalitionspartner "politischen Betrug" vorgeworfen und eine Entschuldigung gefordert. "Von Christian Lindner erwarte ich nicht, dass er die Größe hat, sich bei den Menschen zu entschuldigen. Aber wenn in der FDP noch jemand einen Funken Ehre hat, dann wäre jetzt der Moment, dies in aller Demut zu tun", sagte Miersch.
Die Berichterstattung zeige offenbar einen "politischen Betrug auf Kosten der gesamten Republik", sagte Miersch. In einer Zeit, in der es um die Stabilisierung der Wirtschaft, sichere Arbeitsplätze und die Bewältigung internationaler Krisen gehe, habe die FDP "scheinbar ein Drehbuch geschrieben", das auf "die Zerstörung der Regierungsarbeit" abgezielt habe. "Das ist nicht nur verantwortungslos, sondern markiert einen Tiefpunkt unserer politischen Kultur." Wer Wochen und Monate lang öffentlich den Dialog propagiere und hinter den Kulissen eine Inszenierung vorbereite, der verspiele nicht nur das Vertrauen der Partner, sondern auch das der Bürgerinnen und Bürger.
SPD-Chefin Saskia Esken schloss sich der Empörung Mierschs und der Forderung nach einer Entschuldigung an. "Der Schaden, der der Vertrauenswürdigkeit von Politik zugefügt wurde, ist nicht zu ermessen", sagte Esken beim Landesparteitag der baden-württembergischen SPD in Offenburg. Wenn man nun erkennen müsse, wie gezielt diese Situation herbeigeführt worden sei, setze das ein großes Fragezeichen hinter die Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit von Politik.
"Christian Lindner und seine FDP haben sich mit diesem Schmierentheater auf Kosten des Landes als politische Kraft disqualifiziert", sagte Esken. Sie glaube allerdings kaum, dass Lindner die Größe habe, sich dafür zu entschuldigen, ergänzte auch Esken.
Mützenich: "Zeigt, wie tief Herr Lindner gefallen ist"
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich legte im "Spiegel" nach: "Wenn es stimmt, dass die FDP bereits im September ein Drehbuch dazu geschrieben hat, dann erscheinen Vorkommnisse im Nachhinein in einem neuen Licht. Ich fühle mich getäuscht und ich bin enttäuscht. Bis zum Schluss habe ich im Bundestag und zwischen den Fraktionen Kompromisse ernsthaft ausgeleuchtet. Dass die FDP ihr Drehbuch mit 'D-Day' und das 18-seitige Wirtschaftspapier als 'Torpedo' bezeichnet hat, lässt mich entsetzt zurück."
Erinnerungen an die Befreiung vom Faschismus und tödliche Werkzeuge für die politische Inszenierung zu benutzen, so Mützenich weiter, zeige, "wie tief Herr Lindner gefallen ist. Es zeigt sich, wie richtig und wichtig es war, dass Olaf Scholz diesen ehrlosen Mann vor die Tür gesetzt hat. Deutschland darf nicht von Leuten regiert werden, die derart verantwortungslos und betrügerisch die Öffentlichkeit an der Nase herumführen. Christian Lindner und wichtige Teile der FDP haben sich als politische Kraft völlig disqualifiziert".
Laut Recherchen der "Zeit" und der "Süddeutschen Zeitung" soll sich die FDP akribisch auf ein Ende der Ampel-Koalition vorbereitet haben. In mehreren Treffen seien verschiedene Szenarien durchgespielt worden. Teilgenommen hätten unter anderen die damaligen FDP-Minister. Die "Zeit" beruft sich auf Schilderungen mehrerer Personen, die mit den Vorgängen vertraut seien. Zudem habe die Redaktion Dokumente eingesehen, die in diesen Wochen entstanden seien. Schon am Abend der Veröffentlichung der Recherchen von "Zeit" und SZ gab es entsetzte Reaktionen von SPD-Ministern sowie der Grünen-Spitze.