Robert Habeck wurde beleidigt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Dem Politiker darf man keinen Vorwurf machen, denn er ist nicht das Problem. Eine Gesetzesänderung muss her.
Ein Schwachkopf-Meme sorgt derzeit für Aufregung. Grund dafür ist Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Er hatte sich beleidigt gefühlt, nachdem ein Rentner auf Social Media ein Bild veröffentlicht hatte, auf dem er "Schwachkopf Professional" genannt wurde, und daraufhin einen Strafantrag gestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Jetzt ist die Empörung groß. Viele stört das, was bisher passiert ist. Sie sind einerseits irritiert über das Vorgehen der Justiz: Die Staatsanwaltschaft Bamberg hatte einen Antrag auf Wohnungsdurchsuchung gestellt, und das zuständige Amtsgericht war dem Antrag gefolgt. Die Vorwürfe lauten auf unverhältnismäßiges Vorgehen. In den Medien wird über ein politisches Kalkül der Strafverfolger spekuliert. Außerdem gibt es die, die sich am Vorgehen von Robert Habeck reiben, der das Verfahren überhaupt erst in Gang gebracht hatte. Habeck habe überzogen gehandelt, er wird in den Medien als "Anzeigenhauptmeister" belächelt, oder es wird behauptet, er werfe als Politiker bewusst "Schmutz auf sein Opfer".
Die Frage sei erlaubt: Was habt ihr denn erwartet? Weder der bayerischen Justiz noch dem Strafantragsteller Robert Habeck sollte man Vorwürfe machen. Denn einen Strafantrag zu stellen, das steht – dem Gesetz nach – den Verletzten frei. Ihre Motivation ist dabei unerheblich.
Die Justiz wiederum ist über Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes an Recht und Gesetz gebunden. Das heißt vor allem: Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen die bestehenden Gesetze beachten. Genau hier liegt jedoch die Krux und – meines Erachtens – das wahre Problem des Falles. Auf gesetzlicher Ebene nämlich. Denn der in diesem Fall einschlägige Paragraf 188 Strafgesetzbuch, der neuerdings auch die sogenannte Politikerbeleidigung betrifft, macht den Fall erst problematisch. Er wurde 2021 geändert und privilegiert in Absatz 1 Politikerinnen und Politiker, wenn sie beleidigt werden, vor allem, indem er eine höhere Strafandrohung enthält.
Kommentar Habeck Schwachkopf 13.13
Der Fall um das Schwachkopf-Meme scheint das nun auf den Kopf zu stellen. Die Große Koalition hatte das Strafgesetz geändert. Es sollte mit der Änderung von Paragraf 188 Strafgesetzbuch – so die Hoffnung des Gesetzgebers – der "Vergiftung des politischen Klimas durch Diffamierungen und Verunglimpfungen" entgegengewirkt werden. Man war sich damals einig, dass auch Beleidigungen geeignet seien, "das öffentliche Wirken von Personen des politischen Lebens erheblich zu erschweren". Doch diese Hoffnung hat sich im Fall des Schwachkopf-Memes nicht nur nicht erfüllt. Der Fall zeigt auch, dass das politische Klima durch die Berichterstattung über die Strafverfolgung überhaupt erst richtig aufgeheizt und vergiftet wurde. Die Reaktionen auf das Strafverfahren und deren Verbreitung – insbesondere die Schmutz-Vorwürfe – dürften das öffentliche Wirken von Robert Habeck fast mehr erschweren als das Schwachkopf-Meme selbst.
Gesetz zur Politikerbeleidigung: Gefahr für Meinungsfreiheit
Außerdem treibt mich der Gedanke um, was Paragraf 188 Strafgesetzbuch in den falschen Händen bewirken könnte. Solange demokratische Kräfte an der Macht sind, mag das alles kein Problem sein. Aber man denke nur an einen AfD-Justizminister, der die Staatsanwaltschaft anweist, auf Grundlage dieser Vorschrift gegen Kritiker vorzugehen. Dieses Szenario mag jetzt noch abseitig scheinen. Es nicht mitzudenken, wäre jedoch leichtsinnig.
Ich will es abschließend auf den Punkt bringen: Die Politikerbeleidigung in Paragraf 188 Strafgesetzbuch gehört abgeschafft.