Die Bayern hätten Xabi Alonso im Sommer gerne als Trainer geholt. Der blieb aber lieber in Leverkusen und reist nun erneut als Gegner zum Topspiel nach München. Was sagt das über ihn aus?
Wenn Xabi Alonso keinen Charakter hätte, dann wäre er jetzt vielleicht beim FC Bayern. Das war zumindest die Meinung der Frau von Uli Hoeneß, "und sie hat wie immer recht behalten", wie der Ehrenpräsident des deutschen Rekordmeisters befand. "'Wenn er Charakter hat, kommt er nicht'", soll Susi laut Uli also gesagt haben.
Was ja an sich erst mal ziemlich kurios ist, denn die Bayern und auch Hoeneß wollten den Basken im Sommer ja sehr gerne verpflichten. Alonso stand weit oben auf ihrer ominösen Trainerliste. Aber er blieb eben bei Bayer Leverkusen und reist erneut als Gegner zum Bundesliga-Topspiel am Samstag (18.30 Uhr/Sky) in München.
Jetzt schon das Gipfeltreffen
Bayern gegen Leverkusen also, schon am fünften Spieltag treffen die derzeit zwei besten Teams aufeinander. Bayern ist Erster, Leverkusen Zweiter. Bayern hat schon 16 Tore erzielt, Leverkusen 13, damit sind sie auch die Spitzenreiter in der Trefferliste. Anders als vergangene Saison geht der Titelverteidiger aus dem Rheinland aber nicht als Favorit ins Duell mit dem Rekordchampion, der von Vincent Kompany gerade wiederbelebt wird.
Jenem Belgier also, der im Sommer nicht wie Alonso ganz oben auf der Bayern-Liste stand. Kompany war nicht mal Kandidat zwei oder drei, trotzdem waren sie am Ende alle froh über seine Verpflichtung. Bislang hat der 38-Jährige großen Erfolg mit seinem neuen Club, alle Schwärmen vom neuen Mann an der Seitenlinie. Zur Wahrheit gehört aber auch: Mit Leverkusen wartet nun der erste große Prüfstein.
Aber wie stark ist der Meister derzeit? Alonso jedenfalls musste erstmal tief durchatmen, als er am Sonntag den nächsten Sieg eingefahren hatte. 4:3 gegen Wolfsburg nach zweimaligem Rückstand, das war selbst für sein spanisches Gemüt zu viel Drama. "Nicht, nicht gut" seien viele Dinge seiner Mannschaft gewesen, besonders das Defensivverhalten. "So reicht es nicht", kritisierte Mittelfeldspieler Granit Xhaka auch mit Blick auf die Bayern.
Besondere Ansprachen von Alonso
Aber sie haben ja noch Alonso. Der 42-Jährige wird sich sicher auch für München etwas einfallen lassen. Gegen Wolfsburg beispielsweise hatte er etwas überraschend mit einer Viererkette starten lassen. Es sind aber gar nicht mal so sehr die taktischen Kniffe, die ihn vergangene Saison auf den Zettel fast jeden europäischen Topclubs katapultiert haben.
Natürlich war da in erster Linie dieser außergewöhnliche Erfolg: Ohne Niederlage Leverkusen zum ersten Meistertitel geführt, zudem den Pokal geholt. Aber wie kommt dieser Erfolg zustande? Da ist man dann schnell wieder beim Menschen Xabi Alonso, bei dessen Weltkarriere als Spieler, seinem Charakter. Er soll Ansprachen an die Mannschaft mit so viel Leben und Glaubwürdigkeit füllen, dass selbst die Ersatztorhüter an seinen Lippen hängen.
Großer Laufbahn als Trumpf
FC Liverpool, Real Madrid, FC Bayern - nicht wenige Spieler träumen noch heute von einer Laufbahn, wie Xabi Alonso sie hatte. Wenn er ihnen etwas erzählt, dann glauben sie das. Vor allem in Leverkusen, wo viele von ihnen wie Florian Wirtz, Victor Boniface oder Piero Hincapié gerade noch am Anfang von möglichen Weltkarrieren stehen.
So war es das perfekte Match: Alonso, der in gewisser Hinsicht immer noch ein Trainer-Novize ist, kann sich dort vergleichsweise in Ruhe entwickeln. All die Dinge, die ihm für den Trainerjob in einem der besten Vereine der Welt derzeit vielleicht noch fehlen, konnte er in Leverkusen von Beginn an mit seiner außergewöhnlichen Ausstrahlung kompensieren. Aber mittlerweile hat er - genau wie sein Verein - die nächsten Schritte gemacht.
Die Bayern an diesem Samstag werden auch für ihn und den Meister der erste Prüfstein auf der neuen Entwicklungsstufe sein. Neun Gegentore hat Leverkusen sich in vier Spielen schon gefangen, die Bayern haben gerade mal ein Drittel davon. Wackelt die Abwehr so wie gegen Wolfsburg, könnte es böse enden für Bayer. Aber Alonso wird sich schon was einfallen lassen, oder? Das hat er bisher schließlich fast immer geschafft.