Russland attackiert die Ukraine mit neuen Waffen und einer überlegenen Anzahl an Soldaten. Dazu werden sie stark von Nordkorea unterstützt. Den estnischen Verteidigungsminister versetzt das in Sorge. Er fordert stärkere Unterstützung aus Europa für die angegriffene Ukraine.
Der Verteidigungsminister Estlands, Hanno Pevkur, warnt vor einer Ausweitung des russischen Angriffskriegs. "Russland geht gerade aufs Ganze, um die russische Region Kursk zurückzuerobern", sagte Pevkur dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Die Situation an der Front wird jetzt zunehmend ernster und die Gefechte auf dem Schlachtfeld werden immer schwieriger, insbesondere wegen der beginnenden Winterperiode." Pevkur war erst vor wenigen Tagen in die Ukraine gereist, traf dort den Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seinen Verteidigungsminister Rustem Umjerow.
Die russische Armee sei ohnehin mit einer halben Million Soldaten gut aufgestellt. Dazu komme die Unterstützung von 10.000 Nordkoreanern bei Kursk. "Natürlich profitiert Russland von den zusätzlichen Kräften in dieser Region, während die Ukraine schon lange mit allen verfügbaren Soldaten kämpft", schätzte Pevkur die Lage ein. An solchen Orten sei es entscheidend, "zwei oder drei zusätzliche Brigaden zu haben". "Dieses Ungleichgewicht macht die Kämpfe schwieriger."
Der estnische Verteidigungsminister findet es noch beunruhigender, dass Nordkorea nicht nur Soldaten entsendet, sondern auch Waffen und Munition liefert. Dem müsse Europa geschlossen entgegentreten. Waffenlieferungen sollten "schleunigst ausgeweitet" werden und "vor allem schneller" geschehen.
Dem Telefonat von Kanzler Olaf Scholz mit dem Kremlchef Wladimir Putin konnte Pevkur nichts abgewinnen. Er war beim RND-Gespräch der Meinung, man müsse dem russischen Machthaber entschlossener gegenüberstehen. Es brauche eine klare Stimme und mehr militärische Hilfe für die Ukraine: "Ich erinnere an 1989, als Präsident Reagan in Berlin war und appellierte: 'Herr Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer nieder'. Heute müssen wir sagen: Herr Putin, raus aus der Ukraine", machte der Estländer deutlich. "Wir brauchen diese klare Stimme und militärische Hilfe, denn kein Telefonanruf wird Putins Meinung ändern."
Pevkur sprach sich im Interview auch für die Erhöhung des NATO-Beitrags aus. "Wir haben jetzt ein Momentum für ein höheres NATO-Ziel", so der Verteidigungsminister. Derzeit werden zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts eines Landes in die Verteidigung investiert. Der Minister fordert drei Prozent. Auch aufgrund der vielen Bedrohungen etwa durch Russland, den Iran und Nordkorea hatte die NATO neue Verteidigungspläne verabschiedet. "Diese Pläne können wir nur erfüllen, wenn wir in den nächsten Jahren mindestens drei Prozent in Verteidigung investieren."
Zudem will der Estländer die europäischen Armeen personell verstärken. Er forderte mehr Bereitschaft aus der Bevölkerung: "Wir müssen dringend die Bereitschaft in unserer Bevölkerung stärken, Europa im Ernstfall mit der Waffe zu verteidigen."