1 month ago

Freie Software in der Schule: LaTeX-Examen



Klassenarbeiten stellen eine normale Textverarbeitung vor Probleme. Das Paket exam in LaTeX löst das für mich.

Klassenarbeiten stellen eine normale Textverarbeitung vor Probleme:

  1. Punkte der Aufgaben müssen zusammengezählt und dargestellt werden.
  2. Platz für Antworten soll möglich sein. Dabei sollten Karos am besten 0.5cm groß sein.
  3. Alles sollte (einigermaßen) schön sein, also auch mit mathematischen oder chemischen Formeln, Musiknoten, Grafiken und was noch so dazu kommt.

Dafür notwendig ist die Dokumentenklasse exam:

\documentclass[a4paper,ngerman,11pt,addpoints]{exam}

Dann gibt es mehrere Befehle, die mir das Leben stark vereinfachen: \gradetable[h][questions] gibt eine Punkte-Tabelle aus, bspw. diese hier:

Aufgaben

Aufgaben werden als \question eingefügt und bekommen ihren eigenen Bereich, werden also durch \begin{questions} und \end{questions} eingerahmt. Eine Frage selbst kann (muss nicht) Punkte bekommen und kann Unteraufgaben erhalten, die ebenfalls Punkte haben können oder nicht:

\question[2] Eine Aufgabe mit 2 Punkten. \question Aufgabe mit Teilaufgaben. (ohne Punkte) \begin{parts} \part Erste Teilaufgabe (ohne Punkte) \part[3] Zweite Teilaufgabe mit Punkten \end{parts}

Die Punkte werden beim Übersetzen automatisch gezählt und in die Punktetabelle eingetragen. Dabei kann sogar pro Abschnitt eine Punktetabelle erzeugt werden, falls das notwendig sein sollte. Siehe hierfür die Dokumentation bei CTAN oder die Erläuterungen bei Overleaf.

Platz für Antworten

Und das ist jetzt wirklich praktisch. Bei Kolleg:innen sehe ich immer, wie sie in der Textverarbeitung irgendwie mehr schlecht als recht mit Tabellen hantieren, die (hoffentlich) 0.5cm breite Spalten haben, oder typischerweise mittels Unterstrich beschreibbare Zeilen eingefügt werden. Bei einer Kollegin neulich habe ich gesehen, wie die Applikation bei einem Dokument (nur 5 Seiten groß) sichtlich geruckelt hat. Ich fühlte mich wie 2005 oder auf einem Raspberry Pi 3 - dabei war das ein Macbook, hatte also eigentlich Leistung verfügbar. Unerträglich! LaTeX schreibt man mit einem Texteditor und übersetzt das ganze hinterher. Heißt, die Performanz ist exzellent.

Das exam-Paket bringt die Befehle \fillwithlines{} und \fillwithgrid{} mit, hier mal mit 2 cm Platz jeweils:

\fillwithgrid{2cm} \fillwithlines{2cm}

Das lässt sich auch "dehnen" bis zum Seitenende oder im Verhältnis setzen:

\fillwithgrid{\stretch{1}} % Dehne im Verhältnis 1 zu \fillwithlines{\stretch{3}} % 3

Verknüpfung mit anderen Paketen

Als Mathematik-Lehrer erfreue ich mit dabei der (perfekten) Darstellung mathematischer Formeln in LaTeX. Das bekommt einfach kein anderes System so hin. Punkt. Daneben kann ich auf (fast) das komplette Repository an Paketen in LaTeX zugreifen (manche stehen im Konflikt mit exam, aber wenige). Dazu zählen bspw. Darstellung chemischer Reaktionsgleichungen mit mhchem, mehrspaltige Seiten mit multicols oder Musiknoten (kenne ich mich nicht aus, aber gibt es).

Als Chemie-Lehrer ist das wirklich praktisch, wenn ich nicht "N tiefgestellt 2 + 3 H tiefgestellt 2 Doppel-Pfeil einfügen ..." eintippen bzw. in der GUI drücken muss, sondern \ce{N2 + 3 H2 <=> 2 NH3} reicht für eine Gleichgewichtsreaktion.

Ändern der Voreinstellungen

Das exam-Paket bietet die Möglichkeit, quasi alles anzupassen. Hier mal ein Auszug mit Beispielen:

% Bezeichungen: \pointpoints{P}{P} \bonuspointpoints{Bonuspunkt}{Bonuspunkte} \chqword{Frage} \chbpword{Bonus Punkte} \chsword{Erreicht} \chtword{Gesamt} % Wie sollen Aufgaben und Teilaufgaben nummeriert und strukturiert sein: \renewcommand\questionlabel{\textbf{Aufgabe \thequestion~}} \renewcommand\partlabel{\thequestion.\arabic{partno}}

Ich habe mir das vor allem für die Oberstufe geändert, sodass die Teilaufgaben bspw. 2.1, 2.2 usw. heißen. So wie es bei mir im Bundesland im (Fach-)Abitur gemacht wird. Dann sind die Schüler:innen das schon mal gewöhnt. Normalerweise werden Aufgaben mit Nummern 1,2,... und Teilaufgaben mit (a), (b),... nummeriert.

Die Arbeit kommt am Anfang

Leider oder zum Glück muss man sich mit LaTeX nur ein mal richtig beschäftigen - hat man sich alles notwendige zusammengestellt, was man braucht, ist der Rest einfach. Ich habe mir da über die letzten Jahre viele Gedanken gemacht und diese gehen weiter, weil bspw. neue Anforderungen wie ein Materialteil hinzukommen. Beispiele für Eigen-Entwicklungen:

  • \maketitlepage erzeugt eine Titelseite mit Felder für Name usw. einer Hinweisebox zu allgemeinen Regeln und einer Notentabelle
  • \section{} erzeugen in Chemie eine Materialteil-Überschrift
  • \mref{} bezieht sich dargestellt als M# auf ein Material

Hier mal eine Dummy-Beispiel-Klassenarbeit:

Wen meine Anpassungen interessieren, der kann auf Codeberg vorbei schauen, wo ich das sogar einigermaßen erklärt habe:

https://codeberg.org/Lerothas/LaTeX-Vorlagen_fuer_die_Schule/src/branch/main/Klassenarbeit

Fazit

Mir erspart LaTeX exam viel Arbeit für den "blöden Kleinkram" wie Karos, Punktezählen und mich mit Nummerierungen rumschlagen sowie sich wiederholenden Dingen wie die Titelseite, die ich nicht jedes Mal einfügen muss; daneben sieht es schön aus. Ich schreibe das ganze mit Kile vom KDE-Projekt.


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