"FBI-Hauptquartier dichtmachen": Trump bereitet die Stunde der Zerstörer vor

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Seine Regierungsmannschaft hat Trump fast komplett zusammen. Loyalisten erhalten Schlüsselpositionen, andere Nominierte sind Signale für innerparteiliche Fraktionen. Eines wird deutlich: Trump will Widerstände brechen.

Einen Monat nach ihrer umfassenden Wahlniederlage lecken die US-Demokraten ihre Wunden - und die Republikaner bereiten sich auf den Machtwechsel im Januar vor. Donald Trump prescht vor und gibt schon einen Vorgeschmack darauf, was die USA in den kommenden Jahren erwartet. Der nächste US-Präsident testet die Grenzen aus, überschreitet sie, um zu sehen, wie weit er damit kommt.

Trump telefoniert auch schon mit anderen Staatschefs, trifft sie, wird am Wochenende auf Einladung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sogar nach Paris reisen, um bei der Wiedereröffnung der Kathedrale von Notre-Dame dabei zu sein. Doch das ist alles nur Garnitur. Trump demonstriert seinen Machtwillen wie nie zuvor: In den Schlüsselpositionen hat er ideologische Kulturkämpfer und Loyalisten nominiert, in anderen versucht er, die verschiedenen innerparteilichen Fraktionen zu bedienen, die sich hinter ihm vereint haben.

Trumps wichtigsten Nominierungen haben jedoch eines gemeinsam: Sie würden Ministerien und Bereiche umkrempeln, zusammenschrumpfen und bestehende, gewachsene Strukturen womöglich ganz zerstören. Trump und seine Anhänger nennen das den "Deep State", den tiefen Staat, oder auch den Sumpf; eine angebliche, verschwörerische Elite aus Unternehmen, Interessengruppen und Politikern, die sich in Washington das Geld zuschieben. Im Kern geht es um die Frage, wie viel Macht und Einfluss die nationale Regierung ausüben dürfen soll. Ein Konflikt, so alt wie die USA.

Die wichtigsten Posten für Trump seien das Verteidigungsministerium, das Justizressort und die Leitung der Geheimdienste, sagt der Historiker und Politologe Geoffrey Kabaservice vom Niskanen Center in Washington: "Es sind auch diejenigen, mit denen er in seiner ersten Amtszeit die meisten Schwierigkeiten hatte, die sich am meisten dagegen sträubten, das zu tun, was er tun wollte." Sie seien für Trump der Deep State, "der all die wundervollen Dinge verhindert hat, die er in seiner ersten Amtszeit tun wollte". Solchen Widerstand sollen seine ausführenden Minister dieses Mal verhindern.

Kinderbücher über König Donald

Der Senat muss Trumps Nominierte bestätigen, und es ist unsicher, ob dies in allen Fällen geschehen wird. Den höchst umstrittenen Matt Gaetz hat es schon vorher erwischt. Der Abgeordnete war als Justizminister und Generalstaatsanwalt vorgesehen, verzichtete aber, als ihm Sex-Vorwürfe um die Ohren flogen und seine Kollegin Marjorie Taylor Greene drohte, Sexskandale anderer Kongressmitglieder offenzulegen. Trump ist keinen Schritt zurückgewichen, sondern überschwemmt die Senatoren weiterhin mit umstrittenen Kandidaten. Für Gaetz ist nun Pamela Bondi nominiert. "Sie sind Wesen der MAGA-Welt, und auch sie macht womöglich alles, was Trump ihr sagt", meint Kabaservice.

 Kash Patel  Kash Patel

Loyalist mit markigen Äußerungen: Kash Patel

(Foto: AP)

Kein Minister, aber nicht weniger wichtig in Zeiten permanenter politischer Schlammschlachten, die sich in Anklagen und Gerichtsverfahren verwandeln, ist Trumps Wunschkandidat als Chef des FBI: Kash Patel. Der ausgesprochene Skeptiker des Geheimdienstes soll ihn zukünftig führen. Immer wieder hat Patel sich für einen radikalen Umbau der Behörde ausgesprochen. Sie ist offiziell in der Verantwortung des Justizministeriums.

Ganz im Trump'schen Übertreibungsduktus hatte Wunschkandidat Patel vor wenigen Monaten gepoltert, er werde "das FBI-Hauptquartier am ersten Tag dicht machen, es am nächsten als Museum des Deep State wiedereröffnen". Die 7000 Beschäftigten "würde ich ins ganze Land schicken, um Verbrecher zu jagen". Das fällt wohl unter Polemik, aber die Diskussion um ein neues Hauptquartier ist schon länger im Gang; um eines, das weiter weg von Washington, D.C. ist als das derzeitige in Nähe des Weißen Hauses.

Wer weiß, wie unabhängig Trump das FBI arbeiten lassen wird, oder ob er es mit zweifelhaften Ermittlungsaufträgen beschäftigt, um seine Gegner einzuschüchtern und verfolgen zu lassen. Patel war in Trumps erster Regierung hochrangiger Berater und wäre wohl ein willfähriger Assistent. Derzeit unterstützt er unter anderem die Aufständischen vom 6. Januar 2021 in juristischen Angelegenheiten, verkauft Trump-Merchandise sowie Kinderbücher, in denen er selbst als Zauberer auftritt und Trump als "König Donald" gegen die Bösewichte Hillary Clinton, Joe Biden und Kamala Harris verteidigt.

"Viel Lust auf Konfrontation"

Üblicherweise bleiben FBI-Chefs für zehn Jahre im Amt, das soll ihre Unabhängigkeit erleichtern. Nicht so bei Trump. Der Republikaner setzte den aktuellen Kopf der Behörde, Christopher Wray im Jahr 2017 selbst ein, nachdem dessen Vorgänger James Comey dem Präsidenten 2017 seine Treue verweigert hatte - und gehen musste. Auch von Wray hat Trump offensichtlich genug. Trump "beharre auf provokativen Kandidaten", die keine üblichen Qualifikationen verwiesen, "dafür aber viel persönliche Loyalität und Lust auf Konfrontation", sagte der ehemaliger Chefberater der Republikaner im Senat, Gregg Nunziata, der "New York Times".

 Pete Hegseth.  Pete Hegseth.

Umstrittener Kandidat für das Amt des Verteidigungsministers: Pete Hegseth.

(Foto: AP)

Damit wolle der Republikaner anscheinend testen, wie weit er gehen kann, bevor es Widerstand gibt. Der ist bei manchen vorhanden - zumindest gegen die Nominierung von Pete Hegseth als Verteidigungsminister. Hegseth wurde von seiner eigenen Mutter des "missbräuchlichen Verhaltens" gegenüber Frauen bezichtigt. Der Fernsehmoderator, der mit christlichen Extremisten in Verbindung gebracht wird, soll ohnehin nicht die beste Vergangenheit haben, um für die US-Streitkräfte verantwortlich zu sein.

Vor seinem Job beim republikanischen Haus-und-Hof-Sender Fox News habe er wegen mehrfacher extremer Trunkenheit, Vorwürfen sexueller Angriffe gegen Mitarbeiterinnen und privater Verwendung von Geldern als Chef von zwei verschiedenen NGOs für Veteranen zurücktreten müssen. Dies geht aus Dokumenten hervor, über die das US-Magazin "New Yorker" berichtet. Hegseth erschien deshalb bereits auf Capitol Hill und erklärte sich den Senatoren, von denen sein politisches Schicksal abhängt. Falls sie ihn bestätigen, stellen sich laut Kabaservice die Fragen, ob er wegen fehlender Führungserfahrung "das Ministerium herunterwirtschaftet, und welche Erschütterungen es mit sich bringt, falls er entscheidet, dass weibliche Generäle schlecht und unfähig sind und er sie loswerden will".

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Es könnte nur ein Teil des Umbaus der militärischen Führung sein, die Trump erwägt. Bringt er tatsächlich die Generäle vor Gericht, wie er gedroht hat, und feuert jeden, der bei den Streitkräften etwas mit DEI (Diversity, Equity, and Inclusion, Überbegriff für Antidiskriminierungsmaßnahmen, Anm. d. Red.) zu tun hat? Sollte Hegseth noch scheitern, erwägt Trump Medienberichten zufolge, stattdessen Ron DeSantis vorzuschlagen - auch der Gouverneur des US-Bundesstaats Florida ist ein Kulturkrieger, der bei den republikanischen Vorwahlen versuchte, Trump inhaltlich rechts zu überholen.

Die Senatoren der Partei haben ihre Muskeln bereits die ersten Male gezeigt. Etwa, als sie Trump mitteilten, es gäbe keine Mehrheit für den umstrittenen Gaetz - und der daraufhin hinschmiss. Oder als sie Trumps Wunschkandidat Rick Scott als Mehrheitsführer abblitzen ließen und sich stattdessen für John Thune entschieden. Sie könnten die restlichen Nominierten auch deshalb durchwinken, da es sich wohl niemand auf Dauer mit Trump verscherzen möchte - denn der künftige Präsident, das ist bekannt, bestraft Abtrünnige mit aller Härte. Er testet mit seinen Nominierungen derzeit auch seine eigenen Grenzen aus: mehrere Schritte darüber und bei Widerstand wieder ein Stück zurück. Überschritten haben wird er sie trotzdem.

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