Er gilt für viele als der klamaukigste „James Bond“-Film. Ein nicht umgesetztes Drehbuch des 007-Schöpfers hätte uns dabei einen anderen Film geliefert.
Schon in Roger Moores erstem James-Bond-Film „Leben und sterben lassen“ gab es eine Szene, die seinen gesamten Auftritt als 007 prägte: Als Bond auf einer Insel von Krokodilen umgeben ausgesetzt wird, rettet er sich, indem er über die Rücken der Tiere davonläuft – fast ohne nass zu werden.
Diese Mischung aus Wagemut und augenzwinkerndem Humor zieht sich durch Moores gesamte Bond-Ära und zeigt sich auch in weiteren legendären Momenten wie dem Autostunt in „Der Mann mit dem goldenen Colt“, Blofelds skurrilem Ende in „In tödlicher Mission“ und der Snowboard-Sequenz zu den Klängen der Beach Boys in „Im Angesicht des Todes“. Besonders aber hebt sich „Moonraker“ als der wohl albernste Beitrag dieser Phase hervor.
Aktuell tut sich viel beim „James Bond“-Franchise. Was die Amazon-Übernahme für die Zukunft der Reihe bedeutet, erfahrt ihr in folgendem Video:
Kein „Moonraker“ ohne „Star Wars“
Nach dem Erfolg von „Der Spion, der mich liebte“ war laut SlashFilm ursprünglich „In tödlicher Mission“ als nächster Bond-Film geplant. Doch dann löste „Star Wars“ einen regelrechten Sci-Fi-Boom aus und Produzent Albert Broccoli entschied, dass auch Bond davon profitieren sollte. So griff man zu Ian Flemings Roman „Moonraker“ und schickte Bond ins Weltall.
In „Moonraker“ muss 007 den finsteren Industriellen Hugo Drax (Michael Lonsdale) daran hindern, die Menschheit von einer Raumstation aus auszulöschen und eine neue „Meisterrasse“ zu gründen. Dazu kamen überdrehte Elemente wie der zurückkehrende Handlanger Beißer (Richard Kiel) samt Freundin und absurde Szenen wie eine Gondeljagd in Venedig. Trotz – oder gerade wegen – dieser Überdrehtheit wurde der Film ein Kassenschlager und blieb bis 1995 der erfolgreichste Bond-Film.
Die „Moonraker“-Buchvorlage
Obwohl „Moonraker“ kommerziell erfolgreich war, gilt er unter Kritiker*innen als einer der schwächsten Bond-Filme. Interessant ist dabei, dass Ian Flemings eigene Vision für „Moonraker“ eine völlig andere war. Fleming hatte 1955 einen Roman geschrieben, der erstaunlich bodenständig war: Er spielt ausschließlich in Großbritannien und dreht sich um die Enthüllung, dass der scheinbar patriotische Sir Hugo Drax in Wahrheit ein ehemaliger Nazi ist, der London mit einer Rakete vernichten will.
Der Roman thematisierte reale Ängste vor Atomkrieg und griff Erinnerungen an die deutschen V1- und V2-Raketenangriffe auf. Fleming wurde für die ernste Charakterzeichnung Bonds und die glaubwürdige Bedrohung durch Drax gelobt. Kritisiert wurde hingegen der Mangel an exotischen Schauplätzen, die vielen britischen Leser*innen damals einen willkommenen Eskapismus boten.
Cubby Broccoli fand die literarische Vorlage jedoch nicht aufregend genug für die große Leinwand. Stattdessen wurde das Konzept für das Kino stark erweitert – mit Raumstationen, Weltuntergangsplänen und dem typischen Bond-Spektakel.
Ihr fragt euch, welche Stars aktuell als heiße Anwärter für die 007-Rolle gelten? Anbei stellen wir euch die Top-Kandidaten vor:
Ian Flemings „Moonraker“-Film
Tatsächlich hatte Ian Fleming selbst 1956, ein Jahr nach Erscheinen des Romans, ein eigenes Drehbuch zu „Moonraker“ geschrieben – sein einziges. Dieses 150 Seiten umfassende Treatment galt lange als verschollen, bis es 2015 wieder auftauchte und versteigert wurde.
Laut dem Fleming-Experten Jon Gilbert ist das Skript stark prosalastig und wesentlich ernster als der spätere Film. In Flemings Version fehlen Figuren wie M und Miss Moneypenny; Bonds Vorgesetzter ist eher ein biederer Staatsbeamter, wie Fleming ihn aus seiner eigenen Zeit im britischen Nachrichtendienst kannte. Auch Beißer tritt nicht auf – der spätere Henchman wurde erst für einen anderen Roman entworfen. Stattdessen gibt es neue Charaktere wie etwa Tosh, einen Agenten, der sich als Cockney-Spieler tarnt.
Mit der Wiederentdeckung von Flemings Drehbuch und den regelmäßigen Spekulationen über die Zukunft der Bond-Reihe stellt sich nun die spannende Frage, ob eines Tages vielleicht eine werkgetreuere „Moonraker“-Verfilmung entstehen könnte. Mit der Möglichkeit, weniger spektakuläre Storys in Spin-offs zu erzählen, steht Amazon diese Tür zumindest offen.