Mit ihrer Organisation "Fashion for Relief" sammelte Naomi Campbell jahrelang Geld für den guten Zweck. Doch jetzt steckt die Stiftung in einem Spendenskandal – und Campbell will nichts gewusst haben.
Supermodel Heidi Klum, Hollywoodstar Jane Fonda, Musikkönigin Beyoncé Knowles: Wenn Naomi Campbell rief, waren sie alle da. Jahrelang organisierte die 54-Jährige während der Modewochen in London und New York sowie am Rande des Filmfestivals in Cannes ihr "Fashion for Relief"-Event, eine Modenschau für den guten Zweck. Prominente Gäste schritten über den Laufsteg oder saßen in der ersten Reihe. Doch jetzt steckt die Stiftung tief in einem Spendenskandal.
Schon vor einigen Monaten wurde die Stiftung aufgelöst und aus dem Register der britischen Wohltätigkeitsorganisationen gestrichen. Eine Untersuchung der zuständigen britischen Aufsichtsbehörde, The Charity Commission, hat ergeben, dass bei "Fashion for Relief" jahrelange Spendengelder veruntreut wurden. Campbell und zwei Kolleginnen dürfen nun fünf Jahre lang keine Wohltätigkeitsorganisation in England und Wales mehr leiten. In einer ersten Reaktion wies das Model jede Verantwortung für den Missbrauch der Spendengelder zurück: "Ich hatte keine Kontrolle über meine Wohltätigkeitsorganisation. Ich habe die Kontrolle in die Hände eines Anwalts gelegt", sagte Campbell.Naomi Campbell Ausstellung 11.38
In einem ausführlicheren Statement, das unter anderem der britischen Zeitung "The Guardian" vorliegt, räumte die Britin nun Fehler ein, die volle Verantwortung übernehmen will sie aber nicht. Sie habe sich "vielleicht nicht so aktiv am Tagesgeschäft der Wohltätigkeitsorganisation beteiligt, wie sie es hätte tun sollen", heißt es in der Erklärung. Aber sie sei "niemals an irgendeiner Form von finanziellem Fehlverhalten beteiligt" gewesen.
Naomi Cambpell wohnte im Luxushotel – bezahlt von Spendengeldern
Die Ermittlungen der Behörde ergaben, dass zwischen April 2016 und Juli 2022 nur 8,5 Prozent der Spenden für wohltätige Zwecke verwendet wurden. Von Einnahmen in Höhe von 4,8 Millionen Pfund (rund 5,8 Mio. Euro) seien knapp 4,6 Millionen für Auslagen draufgegangen. Darunter eine Suite für Naomi Campbell in einem Luxushotel in Cannes. Die Kosten für den dreitägigen Aufenthalt beliefen sich auf 9400 Euro. Hinzu kamen 7900 Euro für Spa-Behandlungen, Zimmerservice und Zigaretten. Dass all das mit den Spendengeldern finanziert wurde, will Naomi Campbell nicht gewusst haben.Naomi Campbell soll sich als Unicef-Gesandte ausgegeben haben 15.00
Stattdessen ließ sie über ihren Sprecher mitteilen: "Seit mehr als drei Jahrzehnten engagiert sich [Campbell] unermüdlich für wohltätige Zwecke, immer mit der alleinigen Absicht, anderen zu helfen, und niemals zum persönlichen Vorteil. Naomi hat nie eine Bezahlung für ihr Engagement bei 'Fashion for Relief' erhalten, noch hat sie der Organisation persönliche Ausgaben in Rechnung gestellt."
In die Kritik geriet die Wohltätigkeitsorganisationen auch, weil bei der "Fashion for Relief"-Show im Jahr 2019 das Kinderhilfswerk Unicef als Partner aufgeführt wurde. Doch die hatten dafür nie ihre Zustimmung erteilt. "Wir nehmen die Einhaltung der Spendenregeln sehr ernst und Unicef UK hat Fashion for Relief 2019 gemäß unseren gesetzlichen Bestimmungen bei der Charity Commission gemeldet. Wir hatten nie eine offizielle Partnerschaft mit 'Fashion for Relief' und haben nie Gelder von der Veranstaltung 2019 erhalten", teilte das Hilfswerk daraufhin in einer Stellungnahme mit.
Ein Sprecher Campbells sagte nun, man sei mit Unicef in Gesprächen gewesen, doch die Zusammenarbeit sei im letzten Moment gescheitert. Eine geplante Kooperation für künftige "Fashion for Relief"-Shows sei aufrgrund der Corona-Pandemie nicht mehr zustande gekommen. Andere Organisationen wie "Save the Children" und "Mayor's Fund for London" monierten, dass ihnen nach der Zusammenarbeit mit "Fashion for Relief" Gelder vorenthalten wurden. Die zugesagten Summen in Höhe von 200.000 Pfund bzw. 50.000 Pfund wurden erst nach Auflösung der Stiftung überwiesen.
Campbell hatte die Stiftung vor 19 Jahren gegründet und im September 2005 die erste Charity-Modenschau bei der Fashion Week in New York veranstaltet. Damals wurden Spendengelder für die Opfer des Hurrikans Katrina gesammelt. Bei späteren Veranstaltungen sollten die Erlöse unter anderem den Überlebenden des Erdbebens in Haiti zu Gute kommen und im Kampf gegen Ebola eingesetzt werden. Die letzte "Fashion for Relief"-Gala fand 2019 in London statt. Während der Corona-Pandemie rief die Organisation über ihre Website zu Spenden für benachteiligte Kinder in London auf.
Quelle: "Guardian", AFP