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Ex-Siemens-Chef bei Maischberger: Joe Kaesers Agenda 2030



Wie kommt die deutsche Wirtschaft wieder in Schwung? Joe Kaeser, einer der bekanntesten Manager Deutschlands, sieht Handlungsbedarf auf mehreren Ebenen. Bürokratieabbau steht dabei nicht im Fokus.

Deutschland erlebt eine der größten Wirtschaftskrisen in der jüngeren Geschichte. Wie muss die Politik helfen? Am Mittwochabend gibt der frühere Siemens-Chef und heutige Aufsichtsratsvorsitzende von Siemens Energy, Joe Kaeser, Antworten auf diese Frage.

Kaeser und Elon Musk

Vor kurzem hat der gewählte US-Präsident Donald Trump einen Superminister ernannt: Elon Musk. Der sei der große Gewinner, weil er jetzt um ein paar Milliarden Dollar reicher geworden sei. Das sei jedenfalls die Erzählung, sagt Kaeser. "Doch ich glaube, darum geht es Musk gar nicht. Genug Geld hat er schon, aber ihm fehlen Macht und Einfluss in die politische Sphäre. Und das hat er sich jetzt erkauft." Die Frage sei allerdings, wie jemand agiere mit extremen wirtschaftlichen Interessen, der in seiner Persönlichkeit kein Mittelmaß kenne und von dem man nicht wisse, ob er ein Genie oder einer der perfidesten Menschen auf diesem Planeten sei.

Kaeser kennt Elon Musk, falls man Elon Musk überhaupt kennen kann. Musk sei ein Kunde, sagt Kaeser, und über Kunden schimpfe man nicht. Und dann beschreibt er den neuen Superminister in den USA als Menschen zwischen Genie und Wahnsinn: "Musk hat damals begonnen, Automobile zu bauen, wusste aber nicht genau, wie das geht. Er wollte einfach ein Elektromobil bauen, und dann ging es darum, wie wir ihm helfen können, die Fabrik zu automatisieren. So etwas ist sehr ingenieurmäßig, etwas sehr Präzises, es geht nach klaren Prozessen und nicht so künstlerisch. Eines Tages funktionierte wohl diese Fabrik nicht nach den Maßstäben, die sich Herr Musk gesetzt hat. Und dann klingelte mitten in der Nacht plötzlich das Telefon, Musk war dran und schrie mich an." Dass der Anrufer Musk war, habe Kaeser da noch nicht gewusst. Musk habe ihm vorgeworfen, die Arbeit sei Mist und er solle seinen Arsch sofort in die USA schaffen. Man habe das Problem eingrenzen und lösen können. "Mittlerweile haben die Experten die Automatisierung bei Tesla ganz gut im Griff", sagt Kaeser.

Kaesers Wirtschaftsreform

Elon Musk will den US-Haushalt reformieren. Auf einer Veranstaltung sagte er, er wolle Bürokratie abbauen. So wolle er die Ausgaben um ein Drittel senken. Kaeser ist davon wenig beeindruckt. Er sagt, früher sei es so gewesen, dass die Konzernzentrale eines Unternehmens der Overhead gewesen sei, der Wasserkopf. Ein Kollege von ihm habe die Konzernzentrale als "Bullshit-Castle" bezeichnet. "Es mag ja sein, dass gerade Konzerne ein bisschen wasserkopf-mäßig unterwegs sind. Aber da arbeiten Menschen, Menschen, die jeden Tag ihr Bestes geben, die Bestandteile eines Unternehmens sein wollen, die stolz sind auf ihr Unternehmen, und da muss dann auch eine gehörige Portion Respekt da sein. Und wenn die Konzernzentrale so groß ist, wenn sie so ineffektiv ist, dann ist das nicht Schuld dieser Menschen, die dort arbeiten, sondern die Schuld von dem Chef, der nicht in der Lage ist, die Firma ordentlich zu strukturieren."

Für die Zukunft Deutschlands komme es nicht nur auf Bürokratieabbau an, sagt Kaeser - und fordert: "Wir brauchen eine Agenda 2030." Dazu gehören laut Kaeser mehrere große Blöcke.

Da sei zunächst das Thema Bildung, Forschung, Innovation, Digitalisierung und KI. "Wer das nicht gelernt hat, der kann es auch nicht", sagt Kaeser.

Dann müsse die Infrastruktur auf Vordermann gebracht werden. Es könne nicht sein, dass in Deutschland Brücken einstürzen. "Früher hat man darüber gelesen, und das war dann irgendwo auf der Welt, wo man noch nie war. Aber doch nicht bei uns!" Zudem müsse die Energie nachhaltig, bezahlbar und verlässlich sein. Kaeser kritisiert in diesem Zusammenhang das Vorgehen von Wirtschaftsminister Habeck, die Strompreise für die Industrie zu subventionieren. Der Strom müsse insgesamt billiger werden, fordert er.

Schließlich müsse man auch Wirtschaftsreformen in die Hand nehmen. "Ich habe immer wieder erlebt: Wirtschaft in Deutschland ist das fünfte Rad am Wagen", sagt der Industrieboss. "Tatsächlich ist es aber so, dass alles, aber wirklich alles, was in diesem Land im öffentlichen Sektor ausgegeben wird, irgendwann von der Wirtschaft verdient worden ist. Die Wirtschaft ist die Mittelherkunft für die sozial-ökologische Marktwirtschaft."

Rente anders finanzieren

Wichtig sei zudem das Thema Renten und Soziales. Wenn im Bundeshaushalt 25 Prozent für die Rentenbezuschussung ausgegeben werden, dann habe Deutschland ein Problem, sagt Kaeser. Die Renten sollten nicht gekürzt, aber angemessen zukunftsorientiert finanziert werden. "Die Rente muss sich über einen privaten Vermögensaufbau in der Jugend nach oben finanzieren, indem man die Rentensicherungsbeiträge anlegt im privaten Sektor und daraus ein ganz anderes Return erwirtschaftet, als das bisher der Fall ist."

Zum Schluss gehe es dann auch um das Thema Ordnung und Verwaltung. Von Bürokratie will er nicht reden. Kaeser sagt: "Wir brauchen eine Staatsreform in unserem Land. Wir haben fünf Ebenen: Bund, Land, Bezirk, Landkreis, Kommune. Die arbeitende Bevölkerung ist in der Kommune. Dort trifft man die Realität, und jeder addiert ein bisschen was dazu. Das muss sich unbedingt ändern."

Handlungsbedarf sieht Kaeser auch bei der inneren Sicherheit. Die Gesellschaft bewege die Angst, dass die staatliche Ordnung nicht mehr gewährleistet sei. Auch das müsse sich ändern.

Ein Grund für die aktuelle schlechte Wirtschaftslage sei, dass das Vertrauen in die Politik in den letzten Jahren verloren gegangen sei. Die Ampel habe einige Beschlüsse zur falschen Zeit gefasst. Das Heizungsgesetz oder die Subventionspolitik gehörten dazu.

Auch Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hatte zuletzt eine Agenda 2030 gefordert. Spannend wird, ob Kaeser zumindest mit einigen seiner Ideen in die neue Regierung durchdringt, sollte sie von Merz angeführt werden.

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