
Alte Schiffe sollen in Zukunft in Deutschland abgewrackt und recycelt werden. Bisher fehlten hierzulande die Möglichkeiten. In Ostfriesland hat eine Werft nun eine Genehmigung bekommen.
Erstmals sollen künftig Seeschiffe in Deutschland abgewrackt und recycelt werden. Als erstes deutsches Unternehmen habe EWD Benli Recycling GmbH von Behörden die notwendige Genehmigung für ein Schiffsrecycling erhalten, teilte die Muttergesellschaft, die Emder Werft und Dock GmbH (EWD), mit.
Das niedersächsische Umweltministerium in Hannover bestätigte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa, dass es sich nach Kenntnis der Behörde um die erste solche Genehmigung zum Schiffsrecycling handele. Danach hat sie das Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg Ende April erteilt.
Es gibt schon mehrere Anfragen
Erfolgen soll das Schiffsrecycling auf dem Gelände der EWD, der früheren Nordseewerke. Partner ist das Unternehmen Relog, das den Rückbau von Industrieanlagen plant und umsetzt. "Das Verfahren hat rund ein Jahr gedauert, und wir freuen uns sehr, dass wir jetzt die Nachfrage in Emden bedienen können", sagte der Co-Geschäftsführer der EWD Benli Recycling GmbH, Björn Sommer, einer Mitteilung zufolge. "Im Prinzip können wir künftig alles zerlegen, was durch die Seeschleuse in den Emder Hafen einlaufen kann."
Das Kerngeschäft soll nach Unternehmensangaben der Rückbau von Seeschiffen, Binnenschiffen, Küstenmotorschiffen sowie Fahrgastschiffen und Fähren werden. Für die Werft, die vor allem Erfahrung in der Reparatur und dem Umbau von Schiffen hat, soll das Recyclinggeschäft ein neues Standbein werden. Bereits bei der Ankündigung, in das Recycling-Geschäft einzusteigen, seien im vergangenen Jahr erste Anfragen eingegangen, diese hätten aber zunächst abgelehnt werden müssen.
"Der Bedarf ist groß - speziell, weil die Schiffe von Behörden recht alt sind und bisher niemand innerhalb Deutschlands diese Schiffe recyceln konnte", teilte das Unternehmen weiter auf Anfrage mit. "Nun, wo wir grünes Licht haben und das entsprechend kommuniziert haben, erreichen uns mehrere Anfragen."
Wo Seeschiffe bislang abgewrackt werden
Fachleute sehen im Schiffsrecycling nicht nur einen neuen Geschäftszweig für die deutsche maritime Industrie, sondern auch einen Ansatz, Ressourcen zu schonen. Indem aus alten Schiffen Wertstoffe wie Stahl oder Komponenten gewonnen werden, können diese wieder in den Materialkreislauf fließen.
"Es ist eine umweltpolitische Katastrophe, dass wir in den letzten Jahrzehnten ausgemusterte Industrieschiffe insbesondere nach Südostasien verschickt haben, wo sie unter schlechtesten Umwelt- und Sozialbedingungen verrotteten", sagte Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) der dpa. Weltweit werden nach Angaben des Verbands der Deutschen Reeder jährlich rund 700 Seeschiffe außer Dienst gestellt.
Etwa 90 Prozent dieser alten Schiffe werden danach bislang in Südasien, vor allem in Pakistan, Bangladesch und Indien, abgewrackt und recycelt. Dort sind neben den Kosten auch Auflagen für den Umwelt- und den Arbeitsschutz deutlich geringer als in Europa. "Wir sehen uns jedoch nicht im direkten Wettbewerb mit Asien, sondern vielmehr als Anlaufstelle für Behörden, von küstennahen Reedereien und Havaristen", teilte dazu die EWD Benli Recycling GmbH mit. Man sei überzeugt, vor allem durch kurze Wege, nachhaltige Lösungen und Automation bei den Prozessen einen Gewinn erwirtschaften zu können.
Maritimer Recyclingsektor in Deutschland?
Eine EU-Verordnung regelt bereits, dass Schiffe einer bestimmten Größe und die unter EU-Flagge fahren, nur auf zugelassenen Recyclingwerften einer EU-Liste abgewrackt werden dürfen. Viele davon liegen in der Türkei. Da von Mitte dieses Jahres an weltweit einheitliche Regeln für das sichere und umweltfreundliche Recyceln von Schiffen gelten, steigt nach Auffassung der Branche auch die Wettbewerbsfähigkeit von Abwrackwerften in der EU.
Auch in Deutschland könnte so ein maritimer Recyclingsektor entstehen. Neben der EWD bemühte sich nach früheren Angaben etwa auch die Bremer Leviathan GmbH für eine Genehmigung zum Schiffsrecycling auf der Stralsunder Volkswerft.