Hält die Ampel bis zur Bundestagswahl? Laut RTL/ntv-Trendbaromter glauben das zwei Drittel der Befragten. Vorgezogene Neuwahlen lehnt eine knappe Mehrheit ab. Erstaunlich inmitten der Grünen-Krise: Vier von zehn Befragten wollen die Partei weiter in der Bundesregierung sehen.
Die Bundesregierung hat mehr Sollbruchstellen als verbindende Elemente: Der Haushalt, der Rentenstreit und die Migrationspolitik gelten allesamt als mögliche Knackpunkte für das Überleben der Ampelkoalition. Im aktuellen RTL/ntv-Trenbarometer gaben dennoch 60 Prozent der Befragten an, dass sie mit einem Durchhalten der Bundesregierung bis zur Bundestagswahl im September 2025 rechnen. Dagegen schätzten 23 Prozent, dass das Bündnis binnen eines Jahres auseinanderbricht. 7 Prozent rechneten gar mit einem Aus vor Weihnachten.
Vor allem Anhänger der Ampelparteien erwarten ein Durchhalten bis zum Schluss. Die Anhänger der SPD (68 Prozent), Grünen (78 Prozent) und FDP (72 Prozent) rechneten mit deutlicher Mehrheit damit, dass die Koalition hält. Anhänger von CDU/CSU erwarteten das nur zu 54 Prozent. Bei den AfD-Anhängern trifft das auf 56 Prozent zu und nur auf 49 Prozent der BSW-Anhänger.
Für vorgezogene Neuwahlen sprachen sich 41 Prozent der Befragten aus. 54 Prozent lehnten vorzeitige Neuwahlen ab. Interessant: Während 87 Prozent der Grünen-Anhänger und 85 Prozent der SPD-Anhänger gegen vorgezogene Neuwahlen sind, sind es im Lager der FDP-Anhänger nur 54 Prozent. Dagegen befürworten 46 Prozent der FDP-Anhänger, den Bundestag noch vor Ablauf der Legislaturperiode neu zu wählen. Die FDP trägt sich seit Monaten mit einem vorzeitigen Ausscheiden aus der Ampelkoalition herum. Ein Verlassen des Bündnisses hat - unter anderem mit Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki - prominente Fürsprecher in der Partei.
Unter den Anhängern von CDU und CSU ist das Meinungsbild gemischt. 47 sind gegen, 49 Prozent sind für vorgezogene Neuwahlen. Unter den BSW-Anhängern fänden 66 Prozent vorgezogene Neuwahlen gut. Unter jenen der AfD sind es gar 86 Prozent. Im Osten votierten 45 Prozent für Neuwahlen, im Westen 40 Prozent.
Während die SPD im neuen RTL/ntv-Trendbaromter mit 17 Prozent Zustimmung zulegen kann und zusammen mit der AfD wieder auf Platz zwei liegt, leiden insbesondere Grüne und FDP an extrem niedrigen Zustimmungswerten. Die Grünen stehen mit 10 Prozent so schwach da wie seit bald sieben Jahren nicht mehr. Die FDP wäre mit aktuell 4 Prozent Zustimmung im nächsten Bundestag nicht einmal mehr vertreten. Das Trendbarometer weist aber auf ein gewisses Potenzial beider Parteien hin, ihre Werte wieder zu verbessern.
So gaben 44 Prozent der Befragten an, sie fänden es "grundsätzlich gut", wenn die Grünen auch in Zukunft in der Bundesregierung vertreten wären. Die Partei hatte bei den drei Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen durchweg miserable Ergebnisse erzielt. Der Bundesparteivorstand trat daraufhin zurück. Die Befragten im Osten gaben zu 34 Prozent an, sie fänden Grüne in der Bundesregierung "grundsätzlich gut". Mit 46 Prozent liegt dieser Wert im Westen deutlich höher. Vor allem AfD-Anhänger lehnen die Grünen entschieden ab: Nur 8 Prozent fänden eine künftige Regierungsbeteiligung der Grünen im Bund "grundsätzlich gut".
Das Potenzial der Grünen steht in Widerspruch zur Zustimmung zu den Kanzlerkandidatur-Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Der Aussage "Robert Habeck sollte für die Grünen bei der nächsten Bundestagswahl als Kanzlerkandidat antreten" stimmten 37 Prozent zu. 54 Prozent der Befragten votierten für "Nein".
Unter den Grünen-Anhängern kam Habeck auf eine Zustimmung von 80 Prozent - ein Hinweis darauf, dass dessen für Grünen-Verhältnisse konservativer Kurs im eigenen Milieu nicht überall gut ankommt. In der vergangenen Woche traten die Vorsitzenden der links stehenden Parteijugend im Bund sowie in mehreren Landesverbänden aus der Partei aus.
Auch die FDP will in Zukunft weiter mitregieren, am liebsten im Bündnis mit CDU und CSU. Aber dafür muss den Freidemokraten erst einmal der Wiedereinzug in den Bundestag gelingen. 37 Prozent der Befragten gaben an, sie fänden einen Rausschmiss aus dem höchsten deutschen Parlament bedauerlich. Im Westen lag dieser Wert gar bei 39 Prozent, im Osten dagegen nur bei 26 Prozent. Bei den Ost-Landtagswahlen war der Partei in keinem der drei Länder der Einzug ins Parlament geglückt.
Die FDP sieht sich selbst als Stimme der kleinen und mittleren Unternehmer. In der vom Institut Forsa realisierten Umfrage gaben 36 Prozent der Selbständigen an, sie würden einen Rauswurf der FDP aus dem Bundestag bedauern. Unter allen, die 2021 für die FDP gestimmt hatten, fänden 88 Prozent der Befragten einen Rauswurf bedauerlich. Unter den FDP-Anhängern waren es insgesamt 73 Prozent. Unter den Anhängern anderer Parteien war es ausschließlich das Lager der CDU/CSU-Anhänger, das mit 54 Prozent einen Bundestag ohne FDP mehrheitlich bedauern würde.
Nicht im Krisenmodus, sondern im Dauerhoch befindet sich die AfD. In Thüringen wurde die rechtsradikale Partei mit Abstand stärkste Kraft im Parlament. Sachsen und Brandenburg wurde die Partei jeweils nur knapp auf Platz zwei verwiesen. Im Bund steht die AfD seit Monaten stabil bei 17 Prozent. Aus diesem Selbstbewusstsein heraus will die AfD im kommenden Jahr erstmals mit einer Kanzlerkandidatin in den Bundestagswahlkampf ziehen: Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel soll die Rolle einnehmen.
Der Aussage "Alice Weidel sollte für die AfD bei der nächsten Bundestagswahl als Kanzlerkandidatin antreten" stimmten 30 Prozent der Befragten zu. Unter den Anhängern der AfD waren es gar 90 Prozent. Im Osten, wo die Partei weiter deutlich stärker ist, lag der Zuspruch mit 38 Prozent deutlich höher als im Westen mit 29 Prozent. Auffällig: Die Anhänger der FDP stimmten der Kandidatur zu 42 Prozent zu, die des BSW zu 44 Prozent. Die Anhänger von SPD (14 Prozent), Grünen (12 Prozent) und Union (24 Prozent) bejahten Weidels Kandidatur weniger stark.