Seit 2015 darf der Bundesnachrichtendienst zum Schutz vor Cyberangriffen die Inland-Ausland-Kommunikation überwachen und Daten speichern. Das verstößt in Teilen gegen das Grundgesetz, urteilen die Verfassungsrichter und ordnen eine Kontrollinstanz an.
Die Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND) bei der Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten im Bereich von Cybergefahren sind teilweise verfassungswidrig, wie das Bundesverfassungsgericht urteilte. Die Richter ordneten deshalb eine Neuregelung bis Ende 2026 für Regelungen an, die unter die sogenannte strategische Inland-Ausland-Fernmeldeüberwachung fallen. Bis ein neues Gesetz in Kraft tritt, müssen unter anderem Daten aus rein inländischem Telekommunikationsverkehr ausgesondert werden, wie das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe mitteilte.
Konkret geht es um die sogenannte strategische Überwachung von internationaler Kommunikation, also zwischen Teilnehmenden im In- und Ausland, um die Gefahr von großen Cyberangriffen rechtzeitig zu erkennen. Der BND kann solche internationale Kommunikation anhand von Begriffen durchsuchen, die im Einzelfall festgelegt werden müssen. Zwei Beschwerdeführer bemängelten, dass die Voraussetzungen dafür nicht streng genug definiert seien.
Die 2015 eingeführte Gesetzesänderung diene dazu, die Gefahr eines internationalen kriminellen, terroristischen oder staatlichen Angriffs abzuwehren, die beispielsweise mittels Schadprogrammen "auf die Vertraulichkeit, Integrität oder Verfügbarkeit von informationstechnischen Systemen und Netzen in Fällen von erheblicher Bedeutung mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland" zielen.
Überwachung muss kontrolliert werden
Zwar sei die Befugnis zur strategischen Inland-Ausland-Überwachung wegen eines "überragenden öffentlichen Interesses" gerade auch an der Aufklärung von internationalen Cybergefahren grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar, hieß es vom Gericht. "Sie bedarf aber der verhältnismäßigen Ausgestaltung." Der Schutz der Privatsphäre - insbesondere ausländischer Menschen - sei bislang unzureichend.
Da sich die Betroffenen nicht unmittelbar gegen die Überwachung wehren könnten, sei eine "gerichtsähnliche Kontrolle" durch eine kompetente hauptamtlich besetzte Stelle erforderlich. Auch müsse die Dokumentation einer solchen Überwachung länger gespeichert und damit überprüfbar bleiben, erklärten die Richter.
Die Entscheidung bezieht sich nicht auf die Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung nach dem BND-Gesetz, bei der es um die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs geht, an dem ausschließlich ausländische Akteure im Ausland beteiligt sind. Generell darf der BND auch nicht den inländischen Telekommunikationsverkehr, an dem auf beiden Seiten deutsche Staatsangehörige oder Menschen in Deutschland beteiligt sind, strategisch überwachen.