Einen Monat vor Weihnachten beginnt wieder die Rabattschlacht, bei der vor allem große Online-Händler profitieren. In Münster haben Einzelhändler der Region eine Gegenaktion gestartet.
Anna Kemper ärgert sich, als sie die Webseite von Amazon öffnet. "Nun starten die schon viel früher mit ihrer Black-Friday-Woche", stellt sie fest. Anna Kemper ist Geschäftsführerin von Dailysocks, einem kleinen Unternehmen in Wettringen, das hochwertige Socken produziert und vertreibt. Sie organisiert den "Schwatten Fridag", so etwas wie die regionale Alternative zum "Black Friday" für das Münsterland.
Eigentlich wollten sie und ihre Partner früher dran sein als die Online-Händler und so mit ihrer eigenen Idee für Konkurrenz sorgen. Der "Schwatte Fridag" startet an diesem Freitag und damit gut eine Woche vor dem eigentlichen "Black Friday" - aber nun eben auch zeitgleich mit der "Black-Friday"-Woche von Amazon, die heute beginnt.
Drei Tage lang präsentieren Unternehmen aus der Region exklusive Angebote und besondere Produkte auf einer eigenen Plattform. Ziel ist es, die Wirtschaft im Münsterland zu stärken, regionale Produkte hervorzuheben und nachhaltigeres Einkaufen mit kürzeren Transportwegen zu fördern.
"Endkunden vom Online-Versand versaut"
Der stationäre Handel steht vor großen Herausforderungen. "Wir haben das Problem, dass Endkunden vom Online-Versand versaut sind und sie nicht verstehen, warum wir preislich oft nicht mitgehen können", sagt Anna Kemper. Dabei habe man viel höhere Kosten, ganz andere Abläufe. "Bei uns kann man das Produkt anfassen, anprobieren und sich beraten lassen."
Die Münsteraner Version des "Black Friday" gibt es seit zwei Jahren. "Es war im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee", sagt Björn Bochinski, der mit seinem Betrieb Heimat Heroes handgefertigte Spirituosen aus dem Münsterland vertreibt. Er hatte die Idee, dem Online-Handel etwas entgegenzusetzen. "Wir hatten damals gemerkt, dass viele im Verwandten- und Bekanntenkreis ihre Geschenke bei den großen Konzernen holen. Die kleinen bleiben auf der Strecke."
Gutscheincode und gemeinsame Internet-Plattform
Es blieben nur fünf Wochen bis zum "Black Friday". Er schrieb zahlreiche befreundete Unternehmen an und fragte dort nach: "Warum machen wir nicht einen eigenen Black Friday für das Münsterland?" Die Resonanz überraschte ihn selbst. "Alle haben sofort mitgemacht, wir waren plötzlich in Zugzwang. Wir hatten nicht gedacht, dass das so gut angenommen wird", so Bochinski.
Schnell wurde eine Online-Plattform geschaffen, etwa 50 Unternehmen waren dabei. Alle einigten sich auf einen gemeinsamen Gutscheincode, der in allen Geschäften gültig ist. Egal, in welchem der beteiligten Geschäfte der Kunde einkauft - es gibt immer 20 Prozent auf alles. Der Einkauf ist in den Filialen vor Ort, aber auch über die gemeinsame Online-Plattform möglich.
Das Konzept wurde angenommen: "An diesen drei Tagen sind die Online-Umsätze bei uns um 400 bis 500 Prozent gestiegen", so die Bilanz für sein Unternehmen. Kunden schätzten das bewusste Einkaufen mit Herz und den Charme der regionalen Angebote.
Rabatte auch auf Yoga-Kurse
Doch dieses Jahr drohte die Aktion zu scheitern, als die finanzielle Unterstützung ausblieb und die Heimat Heroes ihre Ressourcen auf andere Projekte konzentrieren mussten. "Wir hatten versucht, für das Konzept Fördermittel zu bekommen. Aber die sind leider, obwohl alle von der Idee begeistert waren, am Ende nicht gekommen", sagt Bochinski. "Aber ohne Unterstützung können wir das nicht stemmen. Wir haben gerade so viele Baustellen im eigenen Betrieb, um die wir uns kümmern müssen: Weihnachtsmärkte, neue Produkte."
Doch auch hier war die Region wieder füreinander da. Anna Kemper von Dailysocks übernahm die Initiative und versucht nun den "Schwatten Fridag" am Leben zu erhalten. Die Geschäfte machen wieder mit. Einen Grund, warum die Kunden gerne hier einkaufen, sieht die Geschäftsfrau darin, dass nicht nur Produkte, sondern auch Dienstleistungen angeboten werden. "Es sind auch Brauereien dabei, ein Parkettbodenverleger, es gibt auch Yoga-Kurse und einen Styling-Berater. Viele Produkte gibt es so gar nicht im E-Commerce", so Kemper. Die Mischung mache es eben aus. Nur so sei es möglich, der Masse im Netz etwas entgegenzusetzen.
Die Idee sei nachhaltig, sagt Björn Bochinski. Es habe viele Feedback-Gespräche mit den Unternehmen gegeben. Die berichteten, dass sie zahlreiche Neukunden gewonnen hätten. Zudem hätten sich daraus Partnerschaften mit anderen Unternehmen ergeben. Und auch wenn Björn Bochinski den "Schwatten Fridag" in diesem Jahr nicht mehr organisieren kann, macht er natürlich wieder mit. Bei ihm gibt es 20 Prozent auf alle Produkte und dieses Jahr zum ersten Mal auch auf die Tastings; denn so etwas gebe es nicht im Netz zu kaufen.