Am 23. Februar wird in Deutschland gewählt. Auch Menschen mit Migrationshintergrund stimmen ab. Welche Parteien wählen sie? Eine aktuelle Studie hat Antworten.
Wie wählen Menschen mit Migrationshintergrund? Das hat das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (Dezim) mit einer neuen Studie nun herausgefunden. Ergebnis: Viele Wählerinnen und Wähler mit Migrationshintergrund vertrauen eher Parteien aus dem Spektrum Mitte-Links. Lediglich bei Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion und ihren Nachkommen hat die Union einen relativ guten Stand.
Bei Menschen aus der Türkei oder dem arabischen Raum sowie der EU hat demnach die SPD das höchste Wahlpotenzial. Am schlechtesten schneidet in allen drei Herkunftsgruppen die AfD ab. Generell bestehe jedoch in allen Herkunftsgruppen ein Potenzial an Wählerinnen und Wählern, betonte die Ko-Autorin der Studie Friederike Römer. "Aus der Herkunftsregion kann keine eindeutige Parteipräferenz hergeleitet werden".
Die Linke und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) haben in allen von den Wissenschaftlern betrachteten Gruppen mit ausländischer Herkunft mehr Wählerpotenzial als unter Wählerinnen und Wählern ohne Einwanderungsgeschichte. Mit einer Ausnahme: Menschen mit Wurzeln in Russland oder anderen Gebieten der Ex-Sowjetunion haben etwas weniger Vertrauen in die Partei Die Linke.AfD und Migranten 11.27
Als Mensch mit Migrationshintergrund im Sinne der Studie gelten Menschen, die einen Elternteil haben, der ohne deutsche Staatsangehörigkeit geboren wurde.
Dem Mediendienst Integration zufolge haben rund 7,1 Millionen der Wahlberechtigten in Deutschland eine Einwanderungsgeschichte – das heißt, sie selbst oder beide Eltern sind zugewandert. Das sind rund 12 Prozent aller Wahlberechtigten bei der Bundestagswahl. Von den 7,1 Millionen haben demnach zwei Millionen Menschen eine Einwanderungsgeschichte aus der EU, rund 2,3 Millionen eine postsowjetische, sind also Spätaussiedler und ihre Nachkommen. Türkische Wurzeln haben rund eine Million Menschen.
Diese Themen beschäftigen Menschen mit Migrationshintergrund am meisten
Analysiert wurde auch die für die Befragten drängendsten politischen Probleme. Dabei kam heraus, dass sich die Sorgen der Wahlberechtigten ähneln. Die schwächelnde deutsche Wirtschaft und die Inflation sind für Deutsche mit und ohne Einwanderungsgeschichte derzeit Problemfeld Nummer eins.
Als zweitwichtigstes Problem bezeichnet Menschen aus der Türkei/dem arabischen Raum sowie der ehemaligen Sowjetunion den sozialen Zusammenhalt. Für die ohne Migrationshintergrund und jene mit EU-Hintergrund lag das Thema Migration an zweiter Stelle.Bedeutung von Erst und Zweitstimme
Menschen mit Migrationshintergrund glauben seltener als jene ohne entsprechenden Hintergrund, dass die Parteien die wichtigsten politischen Probleme lösen können. "Die Parteien werden tendenziell als weniger kompetent wahrgenommen", so Römer. Die Forschenden empfehlen in der Studie den Parteien deshalb, die vielfältigen Problemlagen von Menschen mit Migrationshintergrund ernst zu nehmen und gezielt zu thematisieren.
Die Daten zeigen zudem, dass Menschen mit Migrationshintergrund besonders häufig befürchten, Opfer einer Straftat zu werden. Dabei spielen nach Einschätzung der Autoren auch die materiellen Lebensumstände eine Rolle: "Prekäre wirtschaftliche Umgebungen und mangelnder Wohnraum sind oft mit einer höheren Kriminalitätsrate verbunden", heißt es in der Studie.
Zu den Themen, die Menschen mit Migrationsgeschichte zuletzt große Sorgen bereitet haben, zählt auch der Nahostkonflikt. Dieser Konflikt wird vor allem von Menschen aus der Türkei und der arabischen Welt oft aus einem anderen Blickwinkel betrachtet als von Deutschen ohne ausländische Vorfahren. 42,7 Prozent der befragten Menschen mit Wurzeln im Ausland bereitet er große Sorgen. Bei den Menschen ohne Migrationshintergrund sind es 34,8 Prozent.
Was ist das Wählerpotenzial?
Datenquelle für die Studie ist das DeZIM.panel, für das von Dezember 2023 bis März 2024 2689 Menschen mit und ohne Migrationshintergrund befragt wurden. Um das Wählerinnen- und Wählerpotenzial zu ermitteln, wurden die Befragten gebeten, anzugeben, wie wahrscheinlich es ist, dass sie einer Partei ihre Stimme geben würden.
Dafür stand eine Skala von 1 ("würde Partei mit Sicherheit nicht wählen") bis 7 ("würde Partei mit Sicherheit wählen") zur Verfügung. Die Forschenden verglichen dann die Werte zwischen Menschen ohne Migrationshintergrund und Gruppen mit unterschiedlicher Einwanderungsgeschichte.