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Kein Unternehmen steht so für den Boom im Geschäft mit Künstlicher Intelligenz wie Nvidia. Zeitweise war der Konzern sogar der wertvollste der Welt. Wird das so bleiben?
Für Anleger ist es eine Traumvorstellung: Eine Aktie verdoppelt binnen kürzester Zeit ihren Wert. An der Börse ist das kein alltägliches Szenario - und so spricht Christian Röhl, Chefökonom beim Neobroker Scalable Capital, im Fall des Chip-Entwicklers Nvidia von einer "Poster-Aktie".
Der Konzern aus den USA sei der ganz große Profiteur im Boom rund um Künstliche Intelligenz (KI). Zeitweise war Nvidia sogar das wertvollste Unternehmen der Welt.
Nach Kursanstieg: Große Erwartungen an Nvidia
"Alle diejenigen, die jetzt KI-Modelle trainieren wollen, die Geschäftsmodelle aufbauen wollen, die Services um künstliche Intelligenz herum bauen wollen, die brauchen natürlich Rechenpower - und zwar nicht irgendwelche, sondern die besten Prozessoren", so Christian Röhl.
Zum steilen Aufstieg einer Aktie gehört, dass auch die Erwartungen der Analysten größer werden. Das hat sich auch im Fall von Nvidia schon gezeigt. Der Konzern ist in den vergangenen Monaten weiter rasant gewachsen, die Nachfrage ist immens. Die Aktie aber hat zuletzt keine ganz großen Sprünge mehr nach oben gemacht.
Nvidia wird an eigenem Erfolg gemessen
Das Potenzial für Enttäuschungen sei gerade wegen des bahnbrechenden Erfolgs groß. Da könne es schon reichen, so Röhl, dass der Konzern die Erwartungen der Analysten mal knapp verfehlt.
Dann könne auch eine Aktie wie Nvidia mal zehn, fünfzehn oder zwanzig Prozent an einem Tag fallen. "Das ist das Risiko, was man bei diesen Bewertungen und in einem solchen Marktumfeld ganz einfach hat", so Ökonom Röhl.
Softwarekonzerne investieren Milliarden in KI
Der Erfolg der Halbleiterindustrie hängt davon ab, wie viel Kapital weiterhin in die technische Infrastruktur, neue Prozessoren und große Rechenzentren fließt. Abnehmer sind vor allem die großen Tech-Konzerne wie Microsoft, Alphabet, Meta oder Amazon, die ihren Kunden sogenannte Cloud-Anwendungen anbieten, heißt: Rechenleistung in Form von Servern oder Datenspeichern.
Neben den Chipherstellern und -entwicklern sind also vor allem die Softwarekonzerne im Rennen um die KI vorne mit dabei. Chris-Oliver Schickentanz, Vorstand beim Vermögensverwalter Capitell, geht davon aus, dass die Künstliche Intelligenz im Laufe des Jahres 2025 weitere Branchen erobert.
"Das werden dann zunächst mal die IT-Beratungskonzerne sein, die Unternehmen aus der Old Economy, aus ganz anderen Industriezweigen, dabei unterstützen werden, KI in ihr Geschäftsmodell zu integrieren", so Schickentanz.
Erwartungen an Wirtschaftlichkeit von KI steigen
Schon jetzt setzen viele Unternehmen KI-Anwendungen ein - etwa in den Bereichen Verwaltung, Marketing oder der Logistik. Noch aber, so Chris-Oliver Schickentanz, mache sich die Wirkung vor allem auf der Seite der Kosten bemerkbar.
"Für 2025 und 2026 erwarten dann aber auch die ersten Unternehmen auch Impulse auf der Umsatzseite, also zusätzliches Wachstum durch KI-Angebote." Auch hier steigen die Erwartungen.
Geduld der Investoren entscheidend
Fraglich aber bleibt, wann eine breitere Masse an Unternehmen mit Künstlicher Intelligenz auch Geld verdienen kann. Ökonom Christian Röhl von Scalable Capital betont, die Menschen neigten dazu, das langfristige Potenzial technischer Umbrüche zu unterschätzen, das Tempo dagegen werde häufig überschätzt.
"An den Finanzmärkten ist das Entscheidende: die Geduld. Wie lange machen Investoren das mit, dass Milliarden in Datencenter investiert werden, ohne dass bislang nicht so wirklich abschätzbar ist, wie die Geschäftsmodelle aussehen und wann dafür die Erträge kommen?"
Unter dem Strich heißt das, momentan profitieren nur einige wenige Weltkonzerne bereits finanziell vom Hype um die Künstliche Intelligenz. Viele andere befinden sich noch in der Entwicklung, die Kosten zu senken oder die Produktivität zu erhöhen - bevor sie mit Produkten, die auf KI basieren, selbst Geld verdienen können.