1 day ago

BGH klärt, wann Stornokosten wegen Corona gezahlt werden müssen



Stand: 28.01.2025 15:31 Uhr

Zu Beginn der Pandemie stornierten viele Kunden ihre Pauschalreisen. Manche Veranstalter verlangten dafür Stornogebühren. Der Bundesgerichtshof stellte nun klar, unter welchen Voraussetzungen diese Gebühren anfallen.

Von Egzona Hyseni, ARD-Rechtsredaktion

Wenn man eine Pauschalreise storniert, sind Stornogebühren an den Reiseveranstalter fällig - so sagt es das Gesetz. Davon gibt es aber eine wichtige Ausnahme: nämlich dann, wenn am Reiseziel "außergewöhnliche Umstände" auftreten, die die Pauschalreise erheblich beeinträchtigen.

Aber welcher Zeitpunkt ist maßgeblich für die Beurteilung dafür, ob solche außergewöhnlichen Umstände vorliegen? Dann, wenn der Kunde die Reise absagt, oder erst später, wenn die Reise losgegangen wäre? Der Bundesgerichtshof (BGH) tendierte zunächst dazu, auch die Pandemieentwicklung, nachdem der Kunde die Reise storniert hat, aber noch bevor er sie angetreten ist, in die Beurteilung miteinzubeziehen. Weil für diese Frage mit der Pauschalreiserichtlinie auch EU-Recht eine Rolle spielt, hatte der BGH dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg die Frage zur Entscheidung vorgelegt.

"Voreiliger" Reiserücktritt vor Einreiseverbot

Einer der Fälle, um die es beim BGH ging, zeigt auf, warum die Frage relevant ist. Hier war der Kläger zu Beginn der Corona-Pandemie - im März 2020 - von einer Pauschalreise nach Japan zurückgetreten. Damals war das öffentliche Leben in Japan schon eingeschränkt. Großveranstaltungen wurden abgesagt, Schulen und Vergnügungsparks geschlossen. Ein offizielles Einreiseverbot der Regierung gab es zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht.

Der Kläger bezahlte Stornogebühren in Höhe von knapp 1.500 Euro - 25 Prozent des gesamten Reisepreises. Kurz darauf - noch bevor die Reise hätte losgehen sollen - verhängte die japanische Regierung ein Einreiseverbot. Der Kläger verlangte vom Reiseveranstalter nun sein Geld zurück.

EuGH: Zeitpunkt der Rücktrittserklärung maßgeblich

Der EuGH entschied Anfang 2024 in seinem Urteil zu Gunsten der Reiseveranstalter. Laut EuGH ist für die Beurteilung, ob außergewöhnliche Umstände vorliegen oder nicht, der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Kunden maßgeblich.

Damit dürfen nachträgliche Entwicklungen wie etwa Einreiseverbote oder das weitere Infektionsgeschehen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Entscheidung des EuGH hat der BGH in seinem Urteil heute umgesetzt und auf deutsche Fälle angewandt.

BGH-Urteil lässt Betroffene trotzdem hoffen

Der Vorsitzende Richter des 10. Zivilsenats, Klaus Bacher, hat in der mündlichen Urteilsbegründung aber deutlich gemacht, dass das nicht automatisch heißt, dass die Reisekunden am Ende auf den Stornokosten sitzen bleiben. Denn nicht nur hohe Infektionszahlen oder ein Einreiseverbot seien außergewöhnliche Umstände. Schon die Besorgnis über steigende Infektionszahlen-zum Beispiel aufgrund der Art und der Anzahl der getroffenen Corona-Maßnahmen könne ein außergewöhnlicher Umstand sein.

Ob das in den konkreten Fällen auch tatsächlich so war, haben die Landgerichte nicht ausreichend geprüft. Der BGH hat die Fälle deshalb heute noch nicht abschließend entschieden. Er hat sie zurück an die untere Instanz verwiesen. Die Landgerichte müssen jetzt ganz genau prüfen, wie die Corona-Situation in den jeweiligen Reiseländern war, als die Kunden von ihrer Reise zurückgetreten sind. Wenn die Corona-Lage zu diesem Zeitpunkt schon ernst war, können Reisende durchaus auf eine Rückzahlung ihrer Stornokosten hoffen.

Az. X ZR 53/21, X ZR 3/22, X ZR 55/22

Adblock test (Why?)

Gesamten Artikel lesen

© Varient 2025. All rights are reserved