Angesichts der Wirtschaftsflaute spricht sich der Industrieverband BDI dafür aus, dass die nächste Regierung Kosten für Unternehmen senkt, Milliarden investiert und Bürokratie streicht. Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit sei "im freien Fall".
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert von der nächsten Bundesregierung umfassende Reformen zur Überwindung der Wirtschaftskrise. "Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit ist im freien Fall", die Wirtschaft stehe "unter nie dagewesenem Druck", heißt es in einem 26-seitigen Grundsatzpapier des BDI, über das die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.
Deutschland fahre "auf Verschleiß", die Wohlstandsverluste würden immer spürbarer, schreibt der Verband. Nur wenn es gelinge, durch tiefgreifende Strukturreformen einen neuen Kurs einzuschlagen und mehr Investitionen anzuziehen, werde "Deutschland den Pfad der schleichenden Deindustrialisierung verlassen können".
Ruf nach Steuersenkung
Vereinzelte Korrekturen würden dabei nicht mehr ausreichen, so der BDI. Mit dem Grundsatzpapier legt der Industrieverband gut zehn Wochen vor der Bundestagswahl einen umfangreichen Katalog mit Forderungen an die Politik vor. "Die kommende Bundesregierung muss sich einer industriepolitischen Agenda verschreiben, mit der die Transformation zum Erfolg wird", heißt es in dem Papier. Nötig sei ein Dreiklang aus ökologischem Fortschritt, ökonomischer Wettbewerbsfähigkeit und technologischer Offenheit.
Der Verband fordert unter anderem eine Senkung der Unternehmenssteuerlast von derzeit rund 30 auf maximal 25 Prozent, die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags sowie eine Anrechnung der Gewerbe- auf die Körperschaftsteuer. Um Investitionensanreize zu setzen, sollen diese durch Zahlung einer staatlichen Prämie sowie durch großzügigere, langfristig planbare Abschreibungsmöglichkeiten belohnt werden, heißt es weiter.
Investitionsprogramm gefordert
Vom Staat selbst erwartet der Industrieverband eine "massive Infrastrukturoffensive mit einem Investitionsvolumen von 315 Milliarden Euro", mit der Gebäude, der Verkehrssektor sowie Bildungseinrichtungen auf den neuesten Stand gebracht werden.
Auch müsse die digitale Infrastruktur ausgebaut werden, damit die Behörden Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen könnten, heißt es. Nach den Vorstellungen des BDI sollen verbindliche Ziele festgelegt werden, damit der Abbau von Bürokratie konkret werde.
Darüber hinaus fordert der Verband unter anderem dauerhaft niedrigere Energiekosten, bessere Programme zur Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis sowie eine weitere Ausweitung von europäischem Binnenmarkt und Welthandel mit Hilfe pragmatischer Freihandelsabkommen.
Zu wenig Ausgaben für die Zukunft?
Auch die sogenannten "Wirtschaftsweisen" hatten sich im vergangenen Monat dafür ausgesprochen, angesichts der schwächelnden deutschen Wirtschaft die zukunftsorientierten Ausgaben zu erhöhen. Nötig seien etwa ein Verkehrsinfrastrukturfonds und Mindestquoten für Bildungs- und Verteidigungsausgaben, schrieb der Sachverständigenrat der Bundesregierung in seinem neuen Jahresgutachten.
Die deutsche Volkswirtschaft wird nach der Prognose der "Wirtschaftsweisen" in diesem Jahr erneut schrumpfen. Für das Jahr 2025 sei allenfalls ein Mini-Plus des Bruttoinlandsprodukts um 0,4 Prozent zu erwarten. Das Geschäftsklima in Deutschland hatte sich zuletzt noch weiter eingetrübt.