Der Vorstoß der ukrainischen Armee im Gebiet Kursk erwischt die Russen kalt. Die Verteidigungslinien werden überrannt, Grenztruppen fliehen. Jetzt versucht Moskau laut den Erkenntnissen des britischen Verteidigungsministeriums dem Einmarsch der Ukrainer etwas entgegenzusetzen.
Russland ist nach britischer Einschätzung nicht ausreichend auf den ukrainischen Angriff in Kursk vorbereitet gewesen. Nach anfänglichem Durcheinander würden jetzt Streitkräfte in größerer Zahl in der Region stationiert, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. "Sie haben auch damit begonnen, zusätzliche Verteidigungsstellungen zu bauen, um zu verhindern, dass die Ukraine vorrückt."
Die ukrainischen Streitkräfte greifen seit dem 6. August in der russischen Region Kursk mit einer Bodenoffensive an. Es ist der erste Vorstoß dieser Art seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022. Etwa 10.000 Ukrainer sind aus Sicht von Militäranalysten dort im Einsatz. Nach eigenen Angaben hat die ukrainische Armee bei ihrem Vorstoß über die russische Grenze in die Region Kursk über 100 russische und tschetschenische Soldaten gefangen genommen.
Ukrainische Streitkräfte seien auf einer Länge von rund 40 Kilometern etwa 10 bis 25 Kilometer in die Region vorgedrungen, schrieben die Briten auf X. Russland habe Verteidigungslinien und Grenztruppen in der Gegend gehabt, allerdings seien diese auf einen solchen Angriff nicht vorbereitet gewesen. Die Briten veröffentlichen immer wieder Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.
Nach Angaben der Militärführung in Kiew sind die ukrainischen Truppen weiter auf dem Vormarsch und haben demnach mehr als 80 Ortschaften auf einer Fläche von 1500 Quadratkilometern unter ihre Kontrolle gebracht. Unabhängige Militärbeobachter halten die Angaben für überzogen und gehen von etwa der Hälfte der von Kiew genannten Zahlen aus.
Russische Militärblogger berichteten von schweren Kämpfen. Die ukrainischen Truppen hätten im Raum Kursk zahlreiche Verluste hinnehmen müssen. Von ukrainischer Seite gab es dazu keine Angaben.
Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, dass die ukrainischen Angriffe weiter zurückgeschlagen würden und auch der Zustrom von Reserven aus dem Nachbarland abgeschnitten sei. Die Angaben des Kreml sind derzeit nicht unabhängig überprüfbar.
Ukraine zeigt Video des Einmarschs
Kiews Luftlandetruppen veröffentlichten indes ein Video von den angeblich ersten Stunden der Operation. Der 6. August, das Datum des Beginns der Offensive, werde als historischer Tag in die Geschichte des russisch-ukrainischen Krieges eingehen, teilte die Kampfeinheit mit.
In einem Begleittext zum Video stand: Entminung, Durchbruch der Grenze, Zerstörung der Verteidigungsanlagen des Gegners, Luftschläge, Artilleriefeuer und die Festsetzung von Kriegsgefangenen. Russlands Grenzschützer und Militär hatten sich völlig überrascht gezeigt von der Attacke.
Die Echtheit der Aufnahmen, die mit Musik wie in einem Actionfilm unterlegt waren, konnte aktuell von unabhängiger Seite nicht überprüft werden. Sie machten auch auf zahlreichen ukrainischen und russischen Nachrichtenseiten die Runde.
Die vor rund zehn Tagen gestartete Operation kann auch als Bloßstellung für Kremlchef Wladimir Putin angesehen werden, der seit 25 Jahren an der Macht ist. Putin hatte nach Beginn seines Angriffskrieges gegen die Ukraine vor fast zweieinhalb Jahren den Menschen im flächenmäßig größten Land der Erde immer wieder Sicherheit versprochen.