Commerzbank im Umbruch: Die italienische Großbank Unicredit steigt im großen Stil bei den Frankfurtern ein - die Börse spekuliert schon auf eine Übernahme. Und der Chef kündigt seinen Rückzug an.
Der Einstieg der italienischen Großbank Unicredit bei der Commerzbank befeuert Spekulationen über eine Übernahme des Frankfurter Geldhauses. Die Italiener schlugen bei dem angekündigten Verkauf von Aktien durch den Bund zu und kauften zudem Anteile am Markt, wie die Unicredit in Mailand mitteilte. In Summe halten die Italiener jetzt bereits rund neun Prozent der Commerzbank-Aktien.
Die Bank ließ offen, ob sie weiter aufstocken will. Um hier flexibel entscheiden zu können, will sie sich bei den Aufsehern die Genehmigung holen, den Anteil auch auf mehr als 9,9 Prozent aufstocken zu können. Die Commerzbank-Aktie schoss kurz nach Handelsstart um mehr als 15 Prozent hoch.
Unterdessen beginnt bei der Commerzbank der Auswahlprozess für einen Nachfolger von Vorstandschef Manfred Knof. Er werde seinen Ende 2025 auslaufenden Vertrag nicht verlängern, teilte der Dax-Konzern überraschend am Dienstagabend mit.
Unicredit sichert sich Anteile vom Bund
Rund die Hälfte des 9-prozentigen Pakets erwarb die Unicredit vom deutschen Staat. Der Bund verkaufte im Rahmen des vor einer Woche angekündigten Teilausstiegs knapp 4,5 Prozent im Paket an die Italiener. Diese waren bereit, mehr zu zahlen, als die Papiere am Dienstagabend an der Börse wert waren, wie die Finanzagentur in Frankfurt mitteilte. Alle vom Bund offerierten Aktien seien "infolge einer deutlichen Überbietung aller übrigen Angebote" an die Unicredit zugeteilt worden.
Der Zuteilungspreis von 13,20 Euro je Aktie liegt 60 Cent oder knapp fünf Prozent über dem Schlusskurs auf der Handelsplattform Xetra vom Dienstag. Üblich sind bei solchen Platzierungen Abschläge. Der Bund nahm durch den Verkauf der gut 53 Millionen Aktien etwas mehr als 700 Millionen Euro ein. Der Anteil des Staats sinkt damit auf 12 Prozent, trotzdem bleibt er vorerst der größte Anteilseigner der seit der Finanzkrise teilverstaatlichten Commerzbank.
Italiener stark im deutschen Privatkundengeschäft engagiert
Mit einem Anteil von neun Prozent ist die Unicredit nun der zweitgrößte Aktionär. Die Unicredit hatte bereits vor knapp 20 Jahren im deutschen Bankenmarkt zugeschlagen. 2005 kaufte sie die deutsche Hypovereinsbank (HVB) für rund 15 Milliarden Euro und ist seitdem stark im deutschen Privatkundenmarkt vertreten, auch wenn sie die Zahl der Beschäftigten und Filialen seit der Übernahme deutlich abgebaut hat.
Die Unicredit und die Commerzbank gehörten in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und in der EU-Schuldenkrise Anfang des vergangenen Jahrzehnts zu den größten Verlierern am Aktienmarkt. Die Kurse beider Institute waren zeitweise um mehr als 90 Prozent gefallen. Inzwischen hat sich die Lage für beide Banken unter anderem wegen der zuletzt wieder deutlich höheren Zinsen stark verbessert. Bei der Unicredit fiel die Erholung allerdings deutlich stärker aus.
Sie ist fast 60 Milliarden Euro wert und könnte sich damit eine Übernahme der Commerzbank leisten. Der Börsenwert der Frankfurter liegt mit knapp 15 Milliarden Euro lediglich bei rund einem Viertel der Unicredit. Schon in den vergangenen Jahr gab es immer wieder Spekulationen über eine Übernahme der Commerzbank durch die Italiener.
Commerzbank auf der Suche nach neuem Chef
Unterdessen muss sich die Commerzbank mit dem Auswahlprozess für die Nachfolge von Konzernchef Knof befassen, der überraschend Ende 2025 aufhören wird. Er führt die Bank seit 2021 und hatte den Sparkurs des Geldhauses verschärft: Tausende Stellen fielen weg, das Filialnetz schrumpfte deutlich. Mit dem Umbau und dank gestiegener Zinsen, von denen die gesamte Bankenbranche profitierte, schaffte die Commerzbank die Trendwende.
"Ohne Manfred Knof wäre die Commerzbank heute nicht wieder so präsent und so relevant im Kreise der europäischen Banken", erklärte Aufsichtsratschef Weidmann mit. "Durch seine klare Führung wurde die Bank in Rekordzeit saniert, das Geschäftsmodell klar fokussiert und die Bank auf Nachhaltigkeit ausgerichtet."
Im vergangenen Jahr erzielte die Konkurrentin der Deutschen Bank einen Rekordgewinn von rund 2,2 Milliarden Euro. Der Bund will schrittweise bei der Commerzbank aussteigen, die er in der Finanzkrise mit Milliarden an Steuergeld vor dem Kollaps gerettet hatte.
Als aussichtsreichste Kandidatin für die Nachfolge gilt die Commerzbank-Finanzchefin und Vize-Vorstandsvorsitzende Bettina Orlopp (54). Ihr werden schon länger Ambitionen auf den Chefposten nachgesagt. Bei der Frage, wer die Frankfurter Bank künftig führt, hatte zuletzt Unruhe bei dem Institut erzeugt. Die Rede war auch von einem Machtkampf.