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"Babygirl": Nicole Kidman verliert die Kontrolle



Nicole Kidman spielt eine Frau, die von ihrer Firma bis zu ihren Falten alles unter Kontrolle hat - bis ein Praktikant kommt.

Vor 26 Jahren hat Nicole Kidman, 57, in "Eyes Wide Shut" ihrem Mann (Tom Cruise, 62) ihre sexuelle Fantasie einer Affäre gestanden. Gesetz des Patriarchats: Kidmans Figur verschwand danach praktisch aus dem Film, stattdessen ging es fortan um Cruises Versuche eines erotischen Abenteuers. In "Babygirl" lebt Kidmans Figur nun endlich aus, wovon sie in "Eyes Wide Shut" nur träumte.

Genau das war die Motivation für Regisseurin und Drehbuchautorin Halina Reijn, 49, hinter "Babygirl", der am heutigen Donnerstag in den deutschen Kinos anläuft. Die Niederländerin ist selbst großer Fan von Erotikthrillern der Neunziger, hat darin aber die weibliche Perspektive vermisst. In ihrem eigenen Film schickt sie nun Romy (Kidman), die erfolgreiche Chefin einer Robotik-Firma, auf ein erotisches Abenteuer mit ihrem Praktikanten Samuel (Harris Dickinson).

Moral und Machtmissbrauch sind bei diesem oft auch überraschend witzigen Drama nur Randthemen. Dass Romy zuhause zwei tolle Töchter und einen liebenden Mann (gespielt von Antonio Banderas, 64) hat, macht ihre Affäre nur noch aufregender, wie sie selbst an einer Stelle des Films zugibt. Und ihre Chefposition bringt Romy nur in Momenten an, in denen sie versucht, aus der anschwellenden Situation mit Samuel zu flüchten.

Auf Scham folgt Orgasmus

Romy zögert, zaudert und ziert sich in fast jeder sexuell aufgeladenen Szene in "Babygirl". Hat sie dann einmal tief Luft geholt und sich auf alle Viere begeben, wird sie mit einem Orgasmus belohnt, den ihr Mann ihr in 19 Jahren Ehe nicht verschaffen konnte. Leicht ist das im Kino nicht mitanzusehen. In "Babygirl" wird sich geschämt und gelacht und erst dann gekommen. Gegen so viel Intimität wirkt "50 Shades of Grey" so real wie ein Airbrush-Bild von Ikea.

Aber die Erotik zwischen Romy und Samuel braucht keine Fesselspiele und nicht mal viel nackte Haut. "Es geht darum, was in unseren Köpfen vorgeht. Wir mögen es nicht, wenn zwei Körper einfach aneinanderstoßen. Das bedeutet für uns nichts. Wir brauchen ein ganzes Vorspiel von Kapiteln und Geschichten", beschreib Reijn ihren feministischen Ansatz eines Erotikdramas im Interview mit "Entertainment Weekly". Und der geht auf: Die Milchglas-Szene ist jetzt schon so berühmt, dass Kidman bei den National Board Review Awards auf der Bühne ein Glas Milch erhob und auf Ex trank - "auf all die Babygirls".

Sich mit dem eigenen Biest versöhnen

Die Schauspielerin ist ein Risiko eingegangen, das sich gelohnt hat. Die Rolle der unterkühlten und doch verletzlichen Romy ist ihr auf den Leib geschrieben. Und Harris Dickinson, bekannt aus "Triangle of Sadness", funktioniert ebenso perfekt als junger Mann, der den Mut und das Feingespür hat, eine Frau herauszufordern, die von ihrer Firma bis zu ihren Falten alles unter Kontrolle hält. Und die sich danach sehnt, diese abzugeben.

So viel sei verraten: Der Film beginnt mit einem Fake-Orgasmus und endet mit einem echten. Dazwischen sieht man eine Frau, die ein halbes Leben gebraucht hat, um ihre Sexualität zu akzeptieren und sich "mit dem eigenen Biest zu versöhnen", wie Reijn es nennt. Vielleicht haben ihr nur Filme wie dieser gefehlt.

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