Die deutsche Autobranche befindet sich im Umbruch: Allein bei VW könnten einem Bericht zufolge bis zu 30.000 Stellen wegfallen. Jetzt beruft Wirtschaftsminister Habeck einen Gipfel ein.
Angesichts der angespannten Lage lädt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die deutsche Autobranche zu einem Gipfel ein. Für Montag habe der Grünen-Politiker zu einem Austausch über die aktuelle Lage eingeladen, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung darüber berichtet. Neben dem Branchenverband VDA und der Gewerkschaft IG Metall nehmen demnach die größten Automobilhersteller und -zulieferer teil. Weitere Details zu dem Treffen waren zunächst nicht bekannt.
Die deutsche Autoindustrie kämpft mit schwachen Verkaufszahlen besonders bei E-Autos. Deren Absatz brach zuletzt deutlich ein. Wie das Ifo-Institut in einer Erhebung herausfand, ist die Stimmung bei den Herstellern im Keller. Gemessen am Umsatz bilden die Autobauer die mit Abstand wichtigste Industriebranche Deutschlands.
Bericht: VW könnte bis zu 30.000 Stellen abbauen
Besonders bei Deutschlands größtem Autobauer Volkswagen könnten drastische Einschnitte bevorstehen. Bereits Anfang September kündigte das Management an, im Rahmen des Sparprogramms bei der Kernmarke VW Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht länger auszuschließen.
Laut einem aktuellen Bericht des "Manager Magazins" könnte der angeschlagene Konzern mittelfristig sogar bis zu 30.000 Stellen in Deutschland abbauen. Das Unternehmen bestätigte die Zahl nicht. Und der Gesamtbetriebsrat erklärte: "Diese Zahl entbehrt jeglicher Grundlage und ist einfach nur Schwachsinn."
Sprecherin: VW muss sparen
Nach den Informationen des Magazins will Finanzchef Arno Antlitz für Investitionen in kommenden fünf Jahre die Mittel auf 160 Milliarden Euro kürzen. Zuletzt hatte VW für die Mittelfristplanung von 2025 bis 2029 noch 170 Milliarden Euro angesetzt. Das Land Niedersachsen ist mit 20 Prozent der Stimmrechte zweitgrößter VW-Anteilseigner.
Der Druck ist offensichtlich so groß, dass weitreichende Einschnitte bei den Beschäftigten auf den Tisch kommen sollen. Laut "Manager Magazin" soll deren Zahl in Deutschland nach Vorstellung von Hardlinern von 130.000 Stellen mittelfristig um 30.000 sinken. Das habe auch Konzernchef Oliver Blume im kleinen Kreis langfristig als realistisch erachtet.
Eine Sprecherin der Volkswagen AG in Wolfsburg sagte: "Klar ist: Volkswagen muss an seinen deutschen Standorten seine Kosten reduzieren." Nur so könne die Marke ausreichend Geld für Zukunftsinvestitionen verdienen. "Wie wir gemeinsam mit der Arbeitnehmervertretung dieses Ziel erreichen, ist Teil der anstehenden Gespräche", sagte sie. Am 25. September beginnen Verhandlungen von VW mit der IG Metall.
IG-Metall-Verhandlungsführer bei Volkswagen, Thorsten Gröger, sagt: "Wenn Volkswagen die Axt an die Belegschaft anlegen will, werden die Beschäftigten die passende Antwort geben."
Auch Zulieferer streichen Stellen
Die Krise erfasst derweil auch die Zuliefererbetriebe. ZF, einer der größten in Deutschland, hatte Ende Juli angekündigt, in den kommenden vier Jahren bis zu 14.000 Stellen in Deutschland zu streichen. Dafür plant das Unternehmen die Gründung mehrerer Standortverbunde mit schlankeren Strukturen. Zurzeit arbeiten bundesweit rund 54.000 Menschen bei ZF.
Im Durchschnitt waren die deutschen Werke von Volkswagen, BMW, Mercedes & Co. im vergangenen Jahr nur zu etwas mehr als zwei Dritteln ausgelastet. Das geht aus einer Auswertung des Datenspezialisten Marklines für die Deutsche Presse-Agentur hervor. Die ersten Autobauer ziehen Konsequenzen. Ford hatte schon 2022 angekündigt, das Werk in Saarlouis Ende 2025 dichtzumachen. Bei Audi steht jetzt Brüssel auf der Kippe. Das gleiche Schicksal könnte der Gläsernen Manufaktur in Dresden drohen, wo VW inzwischen offen über eine Nachnutzung ohne Fahrzeugfertigung nachdenkt.