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Arbeitszeit: Im Homeoffice zum Friseur? Kalendereintrag erzürnt Geschäftsführer



Ein Chef findet im Kalender seiner Mitarbeiterin einen Friseurtermin – im Homeoffice. Der Unternehmer tobt und sieht darin Arbeitsverweigerung. Zurecht?

"9:15 Friseur Strähnchen machen" – Was aussieht wie ein ganz harmloser Termin im Kalender, löste vergangene Wochen eine hitzige Internet-Debatte aus. Denn: Der Termin fiel in die Arbeitszeit einer Mitarbeiterin eines Hamburger IT-Unternehmens und verärgerte ihren Chef massiv.

Kai-Gunnar Hering, Geschäftsführer des Unternehmens, machte seinem Ärger über die Mitarbeiterin mit großer Ansage Luft. Diese, so Hering, arbeite Vollzeit im Homeoffice – also nicht im Büro.

Doch das ist für den Unternehmer nicht der springende Punkt. Sondern besagter Kalendereintrag. Ein Foto davon hat er seinem Post beigefügt, rot umrandet und mit den Buchstaben "WTF", auf Deutsch etwa "Was zum Teufel".

LinkedIn 1

"Ich bin sauer!", schreibt Hering. "Wir müssen endlich aufhören, so zu tun, als wäre Homeoffice jemals eine gute Idee gewesen." Immer wieder stelle er fest, dass Homeoffice "in der Praxis oft mehr Illusion als Realität" sei.

Unternehmer zu Homeoffice: "Arbeitsverweigerung in schöner Verpackung"

Das Problem sei, dass man nicht kontrollieren könne, wann und wie die Arbeit, die eigentlich in dieser Zeit erledigt werden müsste, nachgeholt wird. Das würde sich negativ auf die Ergebnisse auswirken.

"Ich stehe früh auf, ich ziehe durch, und ich sorge dafür, dass die Dinge laufen – für unsere Kunden, für unser Team, für das Unternehmen. Und dann gibt es Menschen, die das Homeoffice als Freifahrtschein nutzen, um Termine in die Arbeitszeit zu legen und möglichst wenig zu arbeiten", findet Hering.

PAID Früh Feierabend und trotzdem produktiver: Was wir von Dänemark lernen können 16:15

"Sorry, aber das ist nicht Homeoffice. Das ist Arbeitsverweigerung in schöner Verpackung", argumentiert er. Das zerstöre Vertrauen, Erfolg und Produktivität. Im Homeoffice zu arbeiten bedeute, Verantwortung zu übernehmen, so Hering.

Sein Fazit lautet daher: Homeoffice nur, wenn die Mitarbeitenden wirklich diszipliniert sind und dies auch über einen längeren Zeitraum unter Beweis stellen.

Unternehmer erntet viel Widerspruch – auch von Carsten Maschmeyer

Fast 9000 Menschen haben bereits auf den Beitrag reagiert, knapp 5000 Kommentare wurden unter dem LinkedIn-Post geschrieben. Einige stimmen Hering zu: "Nicht viele können mit der Freiheit 'Homeoffice' umgehen."

Doch nicht wenige Nutzer widersprechen dem IT-Unternehmer.

"Die aktuelle Situation hat weniger mit Homeoffice zu tun, sondern vielmehr damit, dass die Führung und Steuerung Ihres Teams offenbar nicht optimal funktioniert", schreibt ein Nutzer und empfiehlt, sich mehr auf klare Erwartungshaltungen und Zielvereinbarungen zu konzentrieren.

Ein anderer schreibt: "Als guter Chef messen sie die Arbeitsleistung, und nicht die Arbeitszeit." Wieder ein anderer meint, das Problem liege nicht im Homeoffice oder in der Disziplin der Mitarbeiter, sondern in der Führung.

Homeoffice Privates-Was ist erlaubt 12.19

Auch der Unternehmer, Investor und TV-Löwe Carsten Maschmeyer ("Die Höhle der Löwen") teilte den Beitrag von Kai-Gunnar Hering – und fand deutliche Worte: "Eure Angestellten sind keine Kinder!"

Private Termine wie ein Friseurbesuch würden durch Homeoffice ermöglicht, schreibt er auf LinkedIn. Arbeit und Privatleben ließen sich so besser vereinbaren.

"Ob sie die Arbeit später am Abend, am Wochenende oder an einem anderen Tag nachholt, spielt dabei keine Rolle. Wichtig ist doch, was am Ende rauskommt", argumentiert Maschmeyer.

"Wer seinen Angestellten nicht vertraut, hätte sie gar nicht erst einstellen sollen. Vertrauen ist die Grundlage jeder guten Zusammenarbeit. Also, lieber Herr Hering: Wann hören wir endlich auf, Arbeitszeit mit Arbeitsleistung gleichzusetzen?"

Private Termine eigentlich nicht erlaubt

Aber was sagt das Arbeitsrecht eigentlich dazu?

Paragraf 2 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) definiert Arbeitszeit als die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Und Paragraf 106 der Gewerbeordnung regelt das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Darin steht: "Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, (…). Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb."

Der Arbeitgeber hat also das Recht, die Arbeitszeit und die Arbeitsbedingungen festzulegen. Jede Nutzung der Arbeitszeit zu anderen als den vom Arbeitgeber vorgeschriebenen Zwecken kann eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten darstellen. Private Termine sind daher in der Regel nicht erlaubt und müssen mit dem Vorgesetzten abgesprochen werden. 

Die Diskussion unter dem LinkedIn-Beitrag von Kai-Gunnar Hering zeigt aber: Es gibt inzwischen viele, die das nicht mehr für zeitgemäß halten und lieber auf Ergebnisse statt auf die Stechuhr setzen. 

Doch die Frage bleibt: Was ist wichtiger: Was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreichen – oder wie viele Stunden sie bei der Arbeit verbringen?

Weitere Quelle: arbeit-und-arbeitsrecht.de

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