Der Dollar und US-Staatsanleihen gelten eigentlich als krisensicher - nun wenden sich Anleger ab. Grund ist die unberechenbare Politik des US-Präsidenten. Verspielt Trump Amerikas Rolle als sicherer Hafen?
Selbst für Börsenprofis ist die aktuelle Situation mehr als unübersichtlich. "Es passiert unglaublich viel, jeden Tag immer neue Nachrichten und Tweets. Dann wieder die Rolle rückwärts: Es war doch nicht so gemeint. Alles ist nur temporär, erstmal muss verhandelt werden." So beschreibt Devisen-Analyst Volkmar Baur von der Commerzbank die widersprüchlichen Signale aus dem Weißen Haus.
Diese seien schwierig einzuordnen für Anleger weltweit. Was sie vom neuen Politikstil der US-Regierung unter Trump halten, ist nicht nur an den US-Aktienkursen abzulesen, die seit geraumer Zeit fallen. Auch die Kurse der zehnjährigen US-Staatsanleihen rutschen ab, und gleichzeitig verliert der US-Dollar an Wert.
Diesmal keine Flucht in den Dollar
Alles zusammen sei sehr ungewöhnlich, sagt Christian Kopf, Leiter des Renten-Portfoliomanagements bei der Union Investment. "In der Regel ist es so, dass die US-amerikanische Wirtschaft und auch der US-Finanzmarkt als sicherer Hafen gelten. Immer, wenn was Schlimmes in der Welt passiert, wertet der US-Dollar auf, und die US-Renditen gehen zurück."
Eben weil Anleger in die als sicher geltenden Staatsanleihen fliehen und der amerikanische Staat entsprechend weniger Rendite zahlen muss, wenn Anleger ihm ihr Geld leihen wollen. So war es bisher. Selbst bei der Finanzkrise 2008, die ja maßgeblich von den USA ausging.
Anleihemärkte als "Nachwächter" der Staatsfinanzen
Diesmal sei es anders: Anleger fliehen aus US-Staatsanleihen, was deren Rendite zuletzt in die Höhe schnellen ließ. Ein Warnsignal, so Rentenexperte Kopf gegenüber der ARD-Finanzredaktion. "Man spricht in dem Zusammenhang in Amerika von den sogenannten Bond-Market-Vigilantes. Vigilante, das ist der Nachtwächter, und wenn der Nachtwächter unruhig wird und Diebe am Werk sieht, dann kommt es zu einer Reaktion."
Die Anleihemärkte haben danach die Rolle der Überwachung der Staatspolitik und auch die Überwachung der Nachhaltigkeit der Staatsverschuldung, so Anleihe-Experte Kopf. Und wenn - wie zuletzt als Reaktion auf Trumps Zollpolitik - die Renditen der US-Anleihen steigen, weil Anleger aus den Papieren fliehen, dann wird es für Amerika teurer, sich zu verschulden.
Dollar verliert an Wert gegenüber anderen Währungen
Gleichzeitig - und auch das sei eher ungewöhnlich - verliert der US-Dollar schon seit einigen Wochen deutlich an Wert gegenüber anderen Währungen wie dem Euro. Normalerweise müsste eine Währung stärker werden, wenn ein Land Zölle einführt, sagt Commerzbank-Devisenanalyst Baur. "Weil ausländische Produkte teurer werden, man kauft dann mehr heimische Produkte. Deswegen steigt die Inflation ein bisschen, die Zentralbank müsste darauf reagieren, die Zinsen erhöhen und das würde eine Währung stärker machen."
Zeichen des akuten Vertrauensverlusts
Aktuell passiert beim Dollar genau das Gegenteil. Ein Grund ist nach Ansicht des Commerzbank-Analysten, dass es sich nicht um bilaterale Zölle handelt, sondern dass die USA quasi einen Handelskrieg mit der ganzen Welt angezettelt habe. Viel entscheidender aber aus Sicht des Experten sei die Gefahr von Eingriffen in die Rechtsstaatlichkeit der USA und das Infragestellen der Unabhängigkeit der Zentralbank.
Das zerstöre das Vertrauen der Anleger, die derzeit aus dem Dollar und den US-Staatsanleihen fliehen. Auch Rentenmarkt-Experte Kopf von der Union Investment spricht von einem " Zeichen des akuten Vertrauensverlusts" mit Blick auf die zuletzt gestiegenen Renditen an den Anleihemärkten.
Welche Alternativen gibt es zum Dollar und zu US-Staatsanleihen?
Doch welche Alternative zum Dollar und zu den bislang als sicher geltenden US-Staatsanleihen haben Anleger? "Die eine" Alternative gebe es nicht, sagt Devisenexperte Baur von der Commerzbank. Man denke als erstes an den Euro oder den chinesischen Renminbi, doch haben aus Sicht von Baur beide Währungen ihre Schwächen. "Europa hat keinen gemeinsamen Kapitalmarkt. Der chinesische Kapitalmarkt ist sehr restriktiv, es ist schwer, Geld aus dem Land rauszubekommen."
Deutsche Staatsanleihen seien zwar das Nonplusultra in der Eurozone, doch verglichen mit dem amerikanischen Markt für Staatsschulden sei der Markt deutlich kleiner. "Der amerikanische Staatsanleihenmarkt ist zehn Mal größer", so Devisenanalyst Baur. Da könne schlicht mehr Kapital angelegt und bewegt werden als bei Bundesanleihen. Ganz zu schweigen von der Schweiz oder Schweden.
Flucht in den Goldmarkt - alle anderen Märkte zu klein
Die erste Flucht der Anleger scheint in den Goldmarkt zu gehen, was man am stark gestiegenen Goldpreis sieht. Auf der Suche nach Alternativen zu den US-Märkten könne es in nächster Zeit zu kleinerer Blasenbildung und stärkeren Schwankungen kommen, glaubt der Devisen-Experte. "Viel stärker als man es mit so einer Anker-Währung wie dem Dollar hätte."