Massive Proteste spielen sich rund um den AfD-Bundesparteitag in Riesa ab. Als parlamentarischer Beobachter begleitet der Linken-Abgeordnete Nguyen die Demonstrationen. Dabei sei er von einem Polizeibeamten angegriffen worden, sagt er und schildert die Attacke in einem Interview.
Der sächsische Landtagsabgeordnete Nam Duy Nguyen will Strafanzeige nach der Attacke eines Polizeibeamten bei Anti-AfD-Protesten erstatten. Der Linken-Politiker war am Samstag als parlamentarischer Beobachter bei den Demonstrationen gegen den AfD-Bundesparteitag im sächsischen Riesa, als er eigenen Angaben zufolge von einem Beamten der niedersächsischen Polizei angegriffen wurde. "Für uns ist klar: Wir werden Strafanzeige gegen die verantwortlichen Beamten erstatten", sagte Nguyen im Interview mit dem "Stern".
Er trug, so sagte Nguyen es dem "Stern", während der gesamten Demonstration seinen Abgeordnetenausweis sichtbar bei sich, auch sein Mitarbeiter sei mit einer Warnweste als Teil des Beobachterteams gekennzeichnet gewesen. Einen Teil der Demonstration hätten sie vom Hauptbahnhof aus begleitet. Wie der "Stern" schreibt, sei der Demonstrationszug zunächst von der Polizei gestoppt worden. Zwei Stunden habe der Aufmarsch ohne weitere Informationen stillgestanden, heißt es. Die Stimmung sei angespannt gewesen. Demonstrierende hätten versucht, Polizeisperren zu durchbrechen oder an Polizeibussen zu rütteln.
Als sich der Zug dann fortgesetzt hat, sei es unruhig geworden, schilderte Nguyen. "Menschen sind nach vorne gerannt. Irgendwann kam dann eine Einheit der Polizei Niedersachsen angestürmt. Mein Mitarbeiter wurde trotz seiner Weste umgeschubst", erklärte Nguyen. Der Abgeordnete selbst habe lautstark darauf hingewiesen, dass er parlamentarischer Beobachter sei. "Trotzdem hat mir ein Polizist ins Gesicht geschlagen. Das war eine Frontalattacke, wie ich sie noch nie erlebt habe", sagte Nguyen über den Vorfall. Der Abgeordnete habe dabei Verletzungen im Mund- und Kieferbereich erlitten und musste ärztlich behandelt werden. "Meine Knie haben geschlottert", erklärte er. "Ich war richtig unter Schock. Zum Glück wurde ich von Ersthelfern versorgt."
Nguyen: "Es geht hier um mehr"
Die Kriminalpolizei wurde bereits eingeschaltet, nachdem ein Kommunikationsteam der Polizei den Vorfall dokumentiert hatte. Auch die Polizei Sachsen kündigte ein Ermittlungsverfahren an. "Ich habe für einen Moment schwarz gesehen, bis ich von umstehenden Menschen hochgezogen wurde." Nach dem Vorfall habe er seine Beobachtertätigkeit abbrechen müssen.
Der Abgeordnete fordert eine umfassende Untersuchung: "Es geht hier um mehr, nämlich darum, dass alle Fälle von Polizeigewalt umfassend untersucht werden." Von der sächsischen Landesregierung erwartet er eine vollständige Aufarbeitung des Vorfalls. "Es muss klar werden, dass solche Vorfälle Konsequenzen haben und Grundrechte wie Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit für alle Menschen gleichermaßen gelten müssen."
Sachsens Innenminister Armin Schuster erklärte bereits am Samstagnachmittag, den Vorfall rasch aufklären zu wollen. "Diesem Fall wurde sofort nachgegangen, und ein Ermittlungsverfahren ist eingeleitet", sagte der CDU-Politiker. "Es ist völlig klar, dass im Rahmen der Einsatzauswertung diesem Vorfall eine ganz besondere Aufmerksamkeit zukommen muss." Nguyen wünschte Schuster einen "vernünftigen Genesungsverlauf".
Bei den Protesten gegen den AfD-Parteitag in Riesa war die Stimmung zeitweilig aufgeheizt, vielerorts standen sich Demonstranten und Polizei gegenüber, es gab teilweise Auseinandersetzungen. Einzelne Situationen in Riesa hätten schwierige Polizeieinsätze erforderlich gemacht, erklärte Schuster. Mehrfach habe unmittelbarer Zwang angewendet werden müssen. "Es gab verschiedene Gemengelagen und hitzige Situationen, in denen die Polizei mit robustem Handeln Ordnung durchgesetzt hat", sagte der Minister.