2 months ago

Anführer bei Angriff getötet: Warum Sinwar für die Hamas so wichtig war



Wegen seiner Grausamkeit erhält Jihia al-Sinwar den Beinamen "Der Schlächter von Chan Junis". Der Hamas-Anführer wird nun bei einem israelischen Angriff getötet. Der Terrormiliz fehlt dadurch ein wichtiger Entscheider.

Der Hamas-Anführer Jihia al-Sinwar ist bei einem israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen getötet worden. In Israels Krieg gegen die Hamas ist das ein wichtiger Moment - und ein herber Rückschlag für die militant-islamistische Palästinenserorganisation. Zugleich dürfte seine Tötung die Bemühungen um eine Freilassung Dutzender im Gazastreifen verbliebener Geiseln der Hamas erschweren.

Sinwar war einer der Hauptdrahtzieher hinter dem Terrorangriff der Hamas und anderer Extremisten auf Israel am 7. Oktober 2023, der den Gaza-Krieg ausgelöst hat. Nach dem Attentat auf den bisherigen politischen Anführer der militant-islamistischen Gruppe, Ismail Hanija, im Juli in Teheran rückte Sinwar an deren Spitze.

Organisierte Gefängnis-Streiks

Sinwar wurde 1962 in einem Flüchtlingslager in der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens geboren. Er war ein Mitglied der ersten Generation der Hamas, die 1987 gegründet wurde. Er stieg zum Anführer des Sicherheitsapparats der Gruppe auf, der gegen Informanten für Israel vorging. Israel verhaftete Sinwar Ende der 1980er Jahre. Er räumte ein, zwölf mutmaßliche Kollaborateure getötet zu haben. Das brachte ihm den Spitznamen "Der Schlächter von Chan Junis" ein. Sinwar wurde zu vier Mal lebenslänglicher Haft verurteilt, unter anderem wegen der Tötung zweier israelischer Soldaten.

Während seiner Zeit in Haft organisierte er Streiks im Gefängnis, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Er studierte auch Hebräisch und erlangte Kenntnisse über die israelische Gesellschaft. Im Jahr 2008 überlebte er einen Hirntumor, nachdem er von israelischen Ärzten behandelt worden war. Sinwar gehörte zu den mehr als 1000 palästinensischen Gefangenen, die 2011 von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Rahmen eines Austauschs für einen israelischen Soldaten freigelassen wurden, den die Hamas bei einem grenzüberschreitenden Überfall gefangen genommen hatte.

Aufstieg zur Macht in Gaza

Nach seiner Rückkehr in den Gazastreifen stieg Sinwar schnell in der Hamas-Führungsriege auf und war bald für seine Skrupellosigkeit berüchtigt. Gemeinhin wird angenommen, dass er hinter der Ermordung eines anderen hochrangigen Hamas-Befehlshabers, Mahmud Ischtewi, im Jahr 2016 in einem internen Machtkampf steckte.

Sinwar wurde Anführer der Hamas im Gazastreifen und übernahm damit die Kontrolle über das Gebiet. Er trug gemeinsam mit Politchef Hanija dazu bei, die Gruppe mit dem Iran und den von Teheran gestützten Milizen in der Region zu verbünden und zugleich die militärischen Fähigkeiten der Hamas auszubauen.

Der Angriff auf Israel am 7. Oktober

Es wird angenommen, dass Sinwar gemeinsam mit Mohammed Deif, dem Chef des militärischen Flügels der Hamas, den Überraschungsangriff auf Israel am 7. Oktober plante. Die Terrorattacke kostete etwa 1200 Menschen, größtenteils Zivilisten, das Leben. Bei der darauffolgenden israelischen Militäroffensive im Gazastreifen sind nach Angaben der dortigen von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden bislang mehr als 42.000 Palästinenser getötet worden.

Die Hamas erklärte, sie habe den Terrorangriff vom 7. Oktober als Vergeltung für die Behandlung der Palästinenser durch Israel verübt. Zudem sei es darum gegangen, die palästinensische Sache wieder auf die Tagesordnung der Weltöffentlichkeit zu bringen.

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, beantragte im Mai Haftbefehle gegen Sinwar, Deif und Hanija wegen ihrer Rolle bei dem Terroranschlag. Israels Militär tötete Deif nach eigenen Angaben bei einem Angriff im Juli. Die Hamas aber behauptet, er sei noch am Leben.

Wer übernimmt für Sinwar?

Sinwar hielt sich seit dem 7. Oktober versteckt. Unterhändler, die um eine Waffenruhe in Gaza ringen, hatten erklärt, dass es mehrere Tage dauern könne, bis Nachrichten vom Hamas-Chef abgeschickt oder empfangen würden.

Schon vor seinem Aufstieg zum Anführer der Gruppe war Sinwar einer derjenigen, die das letzte Wort über die Freilassung der von der militanten Gruppe festgehaltenen Geiseln gehabt haben soll. Im Gazastreifen befinden sich noch rund 100 Geiseln, von denen etwa ein Drittel tot sein soll.

Es ist unklar, wer nun an die Stelle Sinwars rücken wird und was dies für die Bemühungen um eine Waffenruhe bedeutet, die im August nach monatelangen Verhandlungen unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars zum Stillstand gekommen sind.

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Die Hamas hat Hunderttausende Anhänger im Gazastreifen, im von Israel besetzten Westjordanland und in palästinensischen Flüchtlingslagern in der gesamten Region. Mehrere ihrer führenden Köpfe sind in Katar, das als Vermittler zwischen Israel und der Hamas fungiert hat.

Israel hat im Laufe der Jahre mehrere hochrangige Hamas-Führer und Befehlshaber verhaftet und getötet, die militant-islamistische Gruppe hat sie dann aber schnell ersetzt. Sie hat jedoch noch nie einen längeren Krieg gegen Israel geführt. Israel hat nach eigenen Angaben Dutzende hochrangige Extremisten und über 17.000 Kämpfer der Hamas getötet, dafür aber keine Beweise vorgelegt.

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