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60 Jahre Stiftung Warentest: Die Tester der Nation feiern Geburtstag



Stand: 04.12.2024 18:51 Uhr

Seit Jahrzehnten schauen Verbraucher bei Kaufentscheidungen auf die Berichte von Stiftung Warentest. Die Organisation genießt einen exzellenten Ruf - Unternehmen fürchten mitunter die strengen Kriterien.

Von Paul Jens, SWR

Bambusbecher statt der Plastikalternative - das klingt erstmal nachhaltig, umweltverträglich und unbedenklich. Schließlich wächst der Rohstoff nach und soll verarbeitet als Becher keine Schadstoffe freisetzen. Doch das große Marketingversprechen der Hersteller war ein großer Schwindel, wie ein Test von Stiftung Warentest im Jahr 2019 zeigte.

Prüfung auf Qualität und Sicherheit

Denn die untersuchten Coffee-to-go-Becher bestanden keineswegs nur aus Bambus. Meist war ein Kunststoff auf Melanin-Basis beigemischt, um dem Becher Struktur zu geben. Melanin ist an sich unbedenklich, allerdings nur bei Temperaturen bis zu 70 Grad. Ab dann gehen hohe Mengen ins Getränk über und können Blase oder Niere schädigen. Und genau das konnte Stiftung Warentest bei den meisten Bechern nachweisen.

Seit 60 Jahren untersucht Stiftung Warentest Produkte und Dienstleistungen auf Qualität und Sicherheit. 9.200 Tests hat das Institut nach eigenen Angaben in der Zeit begleitet. 30.000 Waren und Dienstleistungen werden jedes Jahr mit wissenschaftlichen Methoden bei unabhängigen Prüfinstituten getestet.

Gegenpol zur Werbung

Was heute eine der bekanntesten und einflussreichsten Verbraucherorganisationen des Landes ist, hat 1964 als kleine Initiative begonnen. Auf Betreiben des damaligen Bundeskanzlers Konrad Adenauer sollte das Institut einen Gegenpol zu den größer werdenden Werbekampagnen der Wirtschaft setzen.

Die Replik der Unternehmen war wenig positiv, schließlich seien die Menschen doch schon "durch die Werbung in ausreichendem Maße unterrichtet", erklärte der Bund Deutscher Industrie damals.

Die ersten Testberichte wurden 1966 in der Zeitschrift "DER test" veröffentlicht - einem Format, das heute noch unter dem Titel "test" regelmäßig erscheint und Millionen von Abonnenten erreicht. Die Berichte können Verbraucher inzwischen aber auch online oder per App abrufen. Und auch die jüngste Generation erreicht das Institut in den sozialen Medien, beispielsweise auf Instagram. Über 220.000 Menschen folgen dort dem Account.

Unabhängigkeit als Markenzeichen

Der Erfolg von Stiftung Warentest beruht vor allem auf der Unabhängigkeit der Tests. Die Stiftung ist nicht auf Werbeanzeigen oder Spenden angewiesen. Sie finanziert sich zum Großteil aus dem Verkauf der Testberichte und Zeitschriften.

Bisher gab es dazu noch jährliche Zuschüsse von der Bundesregierung. Seit diesem Jahr ist Stiftung Warentest sogar unabhängig von der Politik und kann sich ohne staatliche Zuschüsse über Wasser halten.

Dieser Schritt erscheint wichtig, denn nicht immer war die Politik mit den Testberichten des Instituts einverstanden. Immer wieder legen die Testerinnen und Tester eigene Grenzwerte fest und gehen in ihren Bewertungen über gesetzliche Grenzwerte hinaus.

2012 teste die Stiftung Adventskalender auf Rückstände von Mineralöl. In 24 Kalendern konnte sie Mineralöl nachweisen und warnte vor dem Kauf. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hielt die Einschätzung jedoch für stark übertrieben. Als Folge wurden trotzdem Orientierungswerte für die Belastung mit Mineralölen eingeführt.

Großes Vertrauen in der Bevölkerung

Trotz Kritik aus Politik und unzähligen Klagen von Unternehmen gegen Testergebnisse genießt Stiftung Warentest in der Bevölkerung einen guten Ruf. In einer Umfrage von infratest dimap aus dem Jahr 2023 gaben 74 Prozent der Befragten an, großes oder sehr großes Vertrauen in das Institut zu haben. Damit lag Stiftung Warentest noch vor Einrichtungen wie dem Bundesverfassungsgericht.

Und so ist das Institut zu einer Institution geworden. Wenn ein Produkt in einem Test durchfällt und mit der Note "mangelhaft" abschneidet, kann das zum Misserfolg einer ganzen Produktserie beitragen. Denn auch Journalistinnen und Journalisten greifen in Artikeln immer wieder auf Berichte von Stiftung Warentest zurück und verbreiten die Bewertungen.

Neue Herausforderungen

In den letzten Jahren sind Themen wie Nachhaltigkeit und ethische Verantwortung immer wichtiger geworden. Verbraucher orientieren sich auch an der Herkunft der Produkte sowie der Umweltverträglichkeit. Auch Stiftung Warentest hat diese Entwicklung erkannt und führt Tests zu Nachhaltigkeit und Umweltschutz durch: zum Beispiel bei angeblich nachhaltigen Modemarken oder Naturkosmetik.

Auch 60 Jahre nach der Gründung von Stiftung Warentest will das Institut weiter dazu beitragen, Kaufentscheidungen auf eine fundierte Basis zu stellen. "Uns gibt es, weil wir das Leben für die Menschen da draußen besser machen möchten", sagt Vorständin Julia Bönisch. "Es wäre ein unfassbarer Aufwand, wenn jeder selbst recherchieren müsste: Was ist denn der beste Kühlschrank, die beste Reiserücktrittsversicherung für mich?"

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