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Was bei Telematik-Tarifen in der Kfz-Versicherung zu beachten ist



Stand: 23.11.2024 12:48 Uhr

Sogenannte Telematik-Tarife können die Kfz-Versicherung deutlich günstiger machen. Bis zu 30 Prozent Preisnachlass sind drin. Allerdings bezahlt der Halter mit Daten statt mit Geld.

Von Thorsten Link, SWR

Rainer Prestele aus Düsseldorf gehört zu den Leuten, die sich wie viele andere über steigende Preise für die Kfz-Versicherung ärgern. Bereits vor etwa einem Jahr wurde er auf einen sogenannten Telematik-Tarif aufmerksam, von dem er zuvor noch nie gehört hatte. 30 Prozent Rabatt Ersparnis, das klang überzeugend. "Ich wusste gar nicht was Telematik heißt", erzählt er. "Da habe ich mir gedacht, das probiere ich einfach mal aus."

"Pay as you drive", übersetzt: "Zahle, wie du fährst" - so lautet das Motto dieser Telematik-Tarife, die einige Versicherer als Rabattbaustein zur bestehenden Autoversicherung anbieten. Die Besonderheit des Tarifs: Der Versicherer fährt quasi mit und überwacht, ob der Kunde risikoarm Auto fährt. Seither ist Prestele besonders vorsichtig unterwegs. Auf der Autobahn bei Düsseldorf schleicht er einem Lkw hinterher. Um zu überholen, müsse er stark beschleunigen, um im dichten Berufsverkehr auf die Mittelspur einzufädeln, erklärt er. Und das nehme ihm die Telematik wahrscheinlich krumm.

Fahrerdaten werden anonymisiert und ausgewertet

Herzstück der Telematik-Technik ist ein Sensor, den Kunden von ihrer Versicherung erhalten und an der Frontscheibe befestigen müssen. Der Sensor registriert im Zusammenspiel mit einer Smartphone-App, wie der Nutzer fährt, wie stark er beschleunigt oder bremst, ob er sich an Tempolimits hält, auf welchen Strecken er unterwegs ist und zu welcher Tageszeit.

Diese Fahrdaten werden anonymisiert per Mobilfunk in der Regel an externe Dienstleister übermittelt. Diese berechnen daraus einen sogenannten Score, einen Punktewert, der abbilden soll, wie sicher der Fahrer unterwegs war. Anhand der erzielten Punkte entscheidet die Versicherung dann, ob es Rabatte gibt und berechnet eine individuelle Prämie, die dann im nächsten Versicherungsjahr berücksichtigt wird.

Mit Telematik-Tarifen sparen auch Versicherer

Defensives Fahren kann sich auszahlen, wird also mit Preisnachlässen belohnt. Das klingt verlockend; allerdings führen diese Tarife im Versicherungsmarkt gegenwärtig noch ein Schattendasein. Von rund 50 Millionen zugelassenen Pkw in Deutschland sind bislang nur gut eine Million mit einem Telematik-Tarif versichert. Dabei stieg die Prämie für die Kfz-Haftpflicht im vergangenen Jahr im Schnitt um 25 Prozent. Kommendes Jahr wird sie nochmals teurer, um mindestens zehn Prozent. Angesichts der jüngsten Teuerung könnte der Anteil an Telematik-Tarifen deutlich steigen, hört man aus der Branche.

Marktführer unter den Anbietern ist mit großem Abstand die HUK-Coburg, fast die Hälfte aller Telematik-Kunden sind hier versichert. Das Unternehmen macht kein Geheimnis daraus, dass nicht nur Kunden von dem Tarif-Baustein profitieren können. Denn: Je weniger Unfälle, desto weniger muss der Versicherer regulieren. Man erhoffe sich durch den Tarif gewisse Effekte, erklärt die HUK; etwa, dass sich das Fahrverhalten der Kunden so nachhaltig ändere, dass damit weniger Schadensfälle eintreten. "Das ist für uns tatsächlich gut und vorteilhaft", heißt es von dem Anbieter.

Kunden zahlen bis zu 40 Prozent weniger

Doch wie sollten sich Autofahrer verhalten, um vom Telematik-Tarif zu profitieren? Das zeigt Marek Reimann. Er nutzt den Tarif seit drei Jahren und teilt seine Erfahrungen im Internet über seinen YouTube-Kanal. Täglich fährt er zu seiner Arbeit im Berchtesgadener Land. Reimann hat es geschafft, seine Fahrgewohnheiten so anzupassen, dass er fast immer den höchstmöglichen Score erzielt. 

Dazu, sagt er, müsse man allerdings wissen, welche Systematik hinter dem Tarif steckt. Wer häufig schnell beschleunigt, gilt für die Versicherung als aggressiver Fahrer. Wer sich nicht streng an Tempolimits hält, ist stets ein Risiko für andere. Wer öfter scharf bremst, steht unter Verdacht, Auffahrunfälle zu provozieren. Selbst zu schnelle Kurvenfahrten entgehen der Sensorik nicht und werden mit Punktabzügen geahndet.

Reimann hat von dem Telematik-Tarif stark profitiert, er konnte seinen ursprünglichen Versicherungsbeitrag von rund 470 Euro pro Jahr inklusive zehn Prozent Startbonus sukzessive auf rund 290 Euro reduzieren: eine Ersparnis von fast 40 Prozent. Sein Vorteil, sagt er, sei, dass er die Strecke gut kenne, dadurch falle ihm vorausschauendes Fahren inzwischen relativ leicht. Und er lebe auf dem Land. Dort gebe es weniger Verkehr und folglich weniger Unfälle.

Wenig Rabattchancen für Pendler

Bei Rainer Prestele aus Düsseldorf hat das nicht so überzeugend funktioniert. Der frühere Buchhalter hat in den vergangenen zwei Jahren jede Telematik-Fahrt sorgfältig protokolliert. Ergebnis: trotz aller Bemühungen hat er den Maximalrabatt nie erreicht. "Ich habe mir das jedes Mal vorgenommen: Heute holst du dir die volle Punktzahl. Und ich habe das nicht einmal geschafft", sagt er.

Dafür hat er eine einfache Erklärung: Prestele lebt in einem Ballungszentrum mit vielen Berufspendlern. Die sind vor allem in der gegenwärtigen Jahreszeit oft bei Dunkelheit unterwegs und müssen Strecken nutzen, die als Unfallschwerpunkte gelten. Auch diese Faktoren fließen in die Bewertung ein, allerdings negativ. Aber Kunden haben daraus keinen Nachteil: Die Prämie wird nicht teurer - selbst dann nicht, wenn die Technik einen Nutzer als notorischen Raser enttarnt. Der hat in Sachen Rabatt freilich keine Chance.

Daten sind sicher - doch manchmal ist es unfair

Und wie sieht es mit dem Datenschutz aus? Die erhobenen Telematik-Daten unterliegen strengen Datenschutzbestimmungen. Versicherer dürfen sie nur zweckgebunden nutzen und nicht an Dritte wie die Polizei weitergeben. Auch im Schadensfall darf die Versicherung die Daten nicht verwenden, etwa um Schuldfragen zu klären.

Manche Nutzer kritisieren allerdings, dass die Daten nicht immer schlüssig seien. Die Systeme erfassten häufig keine externen Faktoren, die das Fahrverhalten beeinflussen können. Beispielsweise können schlechte Wetterbedingungen oder der Zustand der Straße zu einem Fahren zwingen, das möglicherweise nicht optimal für die Telematik-Wertung ist. Auch Situationen, in denen der Fahrer andere Verkehrsverstöße oder sogar Unfälle vermeidet, indem er scharf bremst, könnten negativ bewertet werden.

Fahranfänger profitieren am meisten

Für bestimmte Nutzer können Telematik-Tarife durchaus interessant sein. Fahranfänger, die oft höhere Versicherungsprämien zahlen, können durch ein umsichtiges Fahrverhalten von erheblichen Rabatten profitieren. Auch Gelegenheitsfahrer, die ihr Auto selten nutzen oder überwiegend in verkehrsarmen Zeiten unterwegs sind, können von der Prämie profitieren, da diese Aspekte belohnt werden.

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