In den USA nimmt die Zahl der vollstreckten Todesurteile seit Jahren ab. Teils wegen moralischer Bedenken, aber auch wegen praktischer Schwierigkeiten. Es fehlt an geschultem Personal, Gift – und Geld.
Dieser Artikel stammt ursprünglich aus dem September 2023 und wurde um aktuelle Informationen ergänzt.
Erst drei Menschen überhaupt wurden nach einer Todesstrafe mit einer umstrittenen, neuen Methode hingerichtet: Tod durch Stickstoff. Anfang des Jahres war der erste Kenneth Eugene Smith. Sein Urteil wurde 1996 gefällt, weil er für 1000 US-Dollar einen Auftragsmord begangen hatte. Eigentlich sollte Smith schon 2022 hingerichtet werden. Doch damals gelang es dem Gefängnispersonal nicht, die Kanüle in seinen Arm zu legen. Nach Stunden auf dem Exekutionstisch wurde er in seine Zelle zurückgebracht und litt danach laut seinen Anwälten an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Im Januar folgte der neue Versuch mit Stickstoff – der gelang.
Bei der sogenannten Stickstoffhypoxie wird über eine Gesichtsmaske Stickstoff zugeführt, der Tod tritt durch Sauerstoffmangel ein. Mehrere Gerichtsersuchen von Smiths Anwälten waren vorher fehlgeschlagen. Diese hatten argumentiert, er werde zum Testkandidaten für eine noch nie erprobte Art der Hinrichtung. Ein Experte von Amnesty International hatte den Fall sogar mit Folter verglichen; Smiths Todeskampf dauerte etwa eine halbe Stunde.Todesstrafe in Alabama 18.57
Weniger Hinrichtungen in den USA
Die Anzahl der vollzogenen Todesstrafen in den USA geht seit Jahren zurück. Seit der Wiedereinführung 1976 wurden insgesamt 1604 Urteile vollstreckt, erfasst das "Death Penalty Information Center" (DPIC), ein unabhängiges Informationszentrum zur Todesstrafe. Im vergangenen Jahr waren es 24 Hinrichtungen.
Mit 55 Prozent unterstützt eine Mehrheit der US-amerikanischen Bevölkerung die Todesstrafe für verurteilte Mörder, zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup. Doch die Kritik an der Todesstrafe nimmt zu, es steht schließlich das Leben eines Menschen auf dem Spiel. Mehr und mehr Bundesstaaten setzten die Vollstreckung zum Teil über Jahre aus.
Immer wieder gibt es Fälle wie Smith, bei denen die Hinrichtung schiefgeht. Andere zum Tode Verurteilte werden im Nachhinein für unschuldig befunden. Dazu kommen ganz praktische Probleme: ein Mangel an Gift-Medikamenten, fehlendes Fachpersonal – und Geld.
Sobald die Todesstrafe zur Debatte steht, wird es teuer
Die Kosten unterscheiden sich je nach Bundesstaat. Doch die Todesstrafe ist wesentlich teurer als eine lebenslange Haftstrafe. Durchschnittlich geht das DPIC von etwa 20 Millionen US-Dollar pro Todesurteil aus. In Florida sind es laut Amnesty International sogar mehr als 50 Millionen Dollar.
FS Todesstrafe Homosexualität, 20.00
Gleich mehrere Faktoren führen laut DPIC zu den höheren Kosten für Staat und Land, sobald einem oder einer Angeklagten die Todesstrafe droht:
- Die Gerichtskosten sind höher, weil die meisten Angeklagten sich weder Verteidiger noch die Verfahrenskosten leisten können.
- Das Strafverfahren ist komplizierter, es benötigt mehr Fachleute für Forensik sowie zur Beurteilung der psychischen Gesundheit des Angeklagten. Auch die Sicherheitsvorkehrungen sind höher.
- Die Auswahl der Jury ist zeitintensiver, da die Mitglieder vorher zu ihren Ansichten zur Todesstrafe befragt werden müssen.
- Todeskandidaten haben andere Haftbedingungen mit strengeren Sicherheitsvorkehrungen.
- Jede und jeder Angeklagte hat das Recht auf Berufung, die zum Teil wenige Stunden vor dem Termin die Exekution noch stoppt, weil Beweise eingereicht werden, die auf eine Unschuld hindeuten.
Dadurch summieren sich die Kosten. In Kalifornien führte ein Bericht der Kommission für eine gerechte Justizverwaltung 2008 an, dass das Justizsystem inklusive der Todesstrafe jedes Jahr etwa 137 Millionen Dollar kostet. Ohne die Todesstrafe geht die Kommission von lediglich 11,5 Millionen Dollar pro Jahr aus.
Im Bundesstaat Maryland zeigte eine Studie des Urban Institute im Jahr 2008, dass Steuerzahler etwa 37 Millionen Dollar für eine Hinrichtung bezahlen. Die bundesweiten Kosten sind pro Fall etwa acht Mal höher, wenn die Staatsanwaltschaft die Todesstrafe für den oder die Angeklagten anstrebt.
In Louisana wurde die letzte Todesstrafe im Jahr 2010 vollstreckt. Trotzdem bezahlte der Bundesstaat allein im vergangenen Jahr 7,7 Millionen Dollar an Gerichts- und Anwaltskosten für Fälle, in denen die Todesstrafe zur Debatte steht.Todesstrafe durch Stickstoff ist ok7.23
Todesurteile werden seltener vollstreckt
Zudem wird die Vollstreckung bei den Angeklagten immer weiter nach hinten geschoben. Eine Auswertung des Pew Research Institute zeigt, dass zwischen Urteil und dem Vollzug der Todesstrafe durchschnittlich 22 Jahre vergehen. 1984 waren es noch sechs Jahre. Das führt zu noch höheren Kosten.
Die Mehrheit der zum Tode Verurteilten stirbt heute nicht durch eine offizielle Hinrichtung. So hält das DPIC fest: "Die meisten Angeklagten, die zum Tode verurteilt werden, verbringen im Grunde genommen ihr Leben im Gefängnis. Allerdings zu sehr hohen Kosten, da die Todesstrafe in den Prozess involviert war."
Von den insgesamt 50 Bundesstaaten in den USA erlauben 27 die Todesstrafe. In fünf davon ist sie aktuell ausgesetzt, auch wegen moralischer Bedenken der Gouverneure. Gavin Newsom aus Kalifornien sagte 2019: "Ich werde als Gouverneur nicht die Hinrichtung einer Person beaufsichtigen. [...] Unser Todesstrafensystem ist nach allen Maßstäben ein Desaster gewesen."
Quellen: Amnesty International, Death Penalty Information Center, "Louisiana Illuminator", AP News, Gallup, Urban Institute, Pew Institute, Governor Gavin Newsom.