Die Provinz Belutschistan ist die politisch instabilste Region Pakistans. Separatisten fordern gewaltsam die Autonomie. Bei mehreren Anschlägen einer Gruppierung sterben zahlreiche Menschen. Die Regierung kündigt Vergeltung an.
Bewaffnete Separatisten haben in Pakistan Dutzende Menschen getötet - darunter mindestens zehn Soldaten. Wie ein Sprecher der Provinz Belutschistan sagte, wurden bei "mehreren koordinierten Angriffen" von "Terroristen" der Befreiungsarmee von Belutschistan (BLA) mindestens 39 Menschen getötet. Die Armee gab ihrerseits bekannt, dass zehn Soldaten unter den Todesopfern seien. "Diese Angriffe sind ein wohlüberlegter Plan, Anarchie in Pakistan zu schaffen", erklärte Innenminister Mohsin Naqvi. Zwölf Separatisten seien nach den Angriffen von Sicherheitskräften getötet worden. Ministerpräsident Shehbaz Sharif kündigte an, Sicherheitskräfte würden Vergeltung üben und die Verantwortlichen vor Gericht stellen.
Die Behörden berichteten von mindestens drei Angriffen in drei Bezirken der von Kämpfen zwischen Milizen und Sicherheitskräften geprägten Provinz im Südwesten des Landes. Die BLA erklärte sich verantwortlich für nächtliche Angriffe auf "Schnellstraßen in Belutschistan". Dabei seien ausschließlich Vertreter der Sicherheitskräfte angegriffen worden. Die Armee vermeldete zehn Soldaten und vier Mitglieder der Sicherheitskräfte unter den Todesopfern. Das Innenministerium widersprach der BLA-Darstellung - bei den Getöteten handele es sich um unbescholtene Bürger.
Bahnverkehr eingestellt
Bei einem der Angriffe im Distrikt Musakhail hielten mehr als 30 Bewaffnete 22 Busse, Lastwagen und Kleinbusse auf einer Schnellstraße an, die Belutschistan mit der Provinz Punjab verbindet, wie ein hochrangiger Beamter mitteilte. In beide Richtungen fahrende Fahrzeuge seien von den Bewaffneten untersucht, Menschen aus Punjab identifiziert und erschossen worden, erläuterte Kakar. 23 Menschen seien getötet worden.
Im Distrikt Bolan sprengten Milizen laut einem hochrangigen Beamten eine Eisenbahnbrücke, die Belutschistan mit Punjab und Sindh verbindet. In der Umgebung der Brücke wurden demnach sechs Leichen geborgen. Der Bahnverkehr mit Quetta wurde nach Explosionen der Eisenbahnbrücke sowie an einer Bahnverbindung zum benachbarten Iran eingestellt.
Im Distrikt Kalat wurden einem Behördensprecher zufolge mindestens zehn Menschen getötet, darunter vier Mitglieder einer paramilitärischen Einheit und ein Polizist. Ein Angehöriger der paramilitärischen Gruppe Levies, die die Polizei unterstützt, berichtete, Bewaffnete hätten ein Hotel gestürmt und einen älteren Mann angegriffen, der Verbindungen zu Sicherheitskräften gehabt haben soll.
Rohstoffreiche Region
Die Provinz Belutschistan liegt im Südwesten Pakistans an der Grenze zu Afghanistan und dem Iran und ist die am dünnsten besiedelte und von großer Armut geprägte und zugleich instabilste Region des Landes. Seit Jahrzehnten fordern Separatisten die Abspaltung des rohstoffreichen Belutschistan von Pakistan. Opfer ihrer Angriffe waren häufig Arbeiter aus der Provinz Punjab, denen sie vorwerfen, sich an der Ausbeutung der Bodenschätze zu beteiligen. China betreibt den strategischen Tiefseehafen Gwadar sowie eine Gold- und Kupfermine. Auch Islamistengruppen wie die pakistanischen Taliban sind dort aktiv.
Die BLA ist die aktivste bewaffnete Separatistenbewegung in der Region. Immer wieder werden dabei Punjabis angegriffen. Die bevölkerungsstärkste ethnische Gruppe in Pakistan dominiert nach Auffassung der BLA auch das Militär, das die Miliz bekämpft.
In Belutschistan wurden dem Pakistanischen Institut für Konflikt- und Sicherheitsstudien zufolge im vergangenen Jahr 151 Zivilisten und 114 Vertreter der Sicherheitskräfte bei Milizenangriffen getötet. Die Angriffe bewaffneter Gruppen in Pakistan sind seit der erneuten Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 im angrenzenden Afghanistan häufiger geworden.