Nicht nur drei Todesopfer gibt es beim Messerangriff von Solingen, sondern auch Verletzte. Einige von ihnen werden schwer verwundet. Doch mittlerweile sind sie laut Ärzten nicht mehr in Lebensgefahr. Nicht absehbar seien aber die psychischen Folgen.
Die schwer verletzten Opfer sind nach der Messerattacke in Solingen auf dem Weg der Besserung. "Alle vier noch stationär behandelten Patienten sind über den Berg", sagte der medizinische Geschäftsführer und ärztlicher Direktor am städtischen Klinikum Solingen, Thomas Standl, dem Fernsehsender Welt TV. Weitere Verletzte seien am Freitagabend in Krankenhäuser nach Wuppertal und Remscheid gebracht worden.
Zwei der in Solingen behandelten Patienten hätten großes Glück gehabt, sie hätten nicht auf die Intensivstation gemusst. Eines der beiden anderen Opfer habe hingegen über Stunden beatmet werden müssen, sagte Standl. Der Patient habe sich aber schnell stabilisiert und bei der Visite am Sonntagmorgen schon Rede und Antwort stehen können.
"Der Patient hat mir ganz eindrucksvoll geschildert, dass er eigentlich gar keinen Schmerz verspürte, sondern sich nach einer Frau gebückt hat, die aus dem Hals blutete - und dann irgendwas wie einen dumpfen Schlag am Rücken verspürte", schilderte Standl. Das sei aber offensichtlich ein tiefer Messerstich in eine große Vene des Brustkorbs gewesen, der ihn lebensgefährlich verletzt habe.
In solchen Momenten schütteten Menschen so viel Adrenalin aus, dass sie unter Umständen weder Schmerz noch Todesangst verspürten, sagte Standl. Wenn nicht unvorhergesehene Zwischenfälle wie Wundinfektionen hinzukommen, seien die körperlichen Folgen der Tat überschaubar: "Alle vier Patienten haben sehr gute Chancen wieder vollständig zu genesen", so der ärztliche Direktor. Die psychischen Folgen seien hingegen noch nicht absehbar. Professionelle Seelsorger und Psychologen für nicht-religiöse Patienten hätten noch in der Nacht auch auf der Intensivstation zur Verfügung gestanden.
Fest- wird zu Trauergottesdienst
Derweil kamen am Morgen in Solingen Hunderte Menschen in einer Kirche in Sichtweite des Tatorts zu einem Trauergottesdienst zusammen. Der Andrang war groß - Helfer schoben zeitweise zusätzliche Stühle in den Kirchenraum. "Wir spüren in diesen Tagen unsere Hilflosigkeit und unsere Ohnmacht", sagte Pfarrerin Friederike Höroldt. "Wir suchen aber Gemeinschaft. Wir suchen Beistand. Und deswegen kommen wir hier zusammen."
Eigentlich hätte es einen Festgottesdienst anlässlich der 650-Jahr-Feier von Solingen geben sollen. So sah der ursprüngliche Plan aus. Nachdem aber am Freitagabend bei dem Fest drei Menschen getötet und mehrere verletzt worden waren, wurden die Pläne geändert. "Nun ist alles anders", sagte die Pfarrerin. "Diese Kirche ist heute ein Schutzraum für Trauer und für Gefühle", sagte sie.
Das von linken und bürgerlichen Organisationen getragene Bündnis "Wuppertal stellt sich quer" plant zudem eine Trauerkundgebung in der Solinger Innenstadt. Die Veranstalter rechnen für 17 Uhr mit etwa 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, wie eine Polizeisprecherin sagte. Das Bündnis erklärte bei Instagram, um die Opfer der tödlichen Messerattacke trauern und sich gegen Islamismus und "faschistische Hetze" stellen zu wollen.