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Wegen der sich verschärfenden Lage im Nahen Osten und des US-Arbeitsmarktberichts halten sich die Anlegerinnen und Anleger lieber etwas zurück. Trotzdem dreht der DAX in den ersten Handelsminuten ins Plus.
Dem DAX steht zum Wochenabschluss ein Kampf um die Marke von 19.000 Punkten bevor. Angesichts des anstehenden US-Arbeitsmarktberichts und der weiter angespannten Lage im Nahen Osten bleiben die Anlegerinnen und Anleger an der Börse vorsichtig.
"Die Märkte halten sich stabil, aber in der geopolitischen Landschaft brodelt es", schreibt Stephen Innes von SPI Asset Management. "Unter dieser scheinbar ruhigen Oberfläche braut sich ein Sturm zusammen. Jeder weiß, dass der nächste Schritt die Dinge dramatisch durcheinanderbringen könnte", so der Marktbeobachter mit Blick auf eine befürchtete Reaktion Israels auf den iranischen Raketenangriff.
Zu Handelsbeginn rutschte der DAX um knapp 0,2 Prozent auf 18.980 Zähler ab. Damit setzte er seine Verlustserie zunächst fort und fiel unter die 19.000-Punkte-Marke, die er vor gut zwei Wochen erstmals geknackt hatte. In den ersten Minuten eroberte sie der deutsche Leitindex aber wieder zurück und drehte sogar minimal ins Plus. Dennoch zeichnet sich ein Wochenminus von mehr als zwei Prozent ab. Vor einer Woche hatte das Börsenbarometer mit knapp 19.492 Punkten noch ein Rekordhoch erreicht.
Im Fokus steht heute der Arbeitsmarktbericht der US-Regierung für September. Von Reuters befragte Experten erwarten, dass 135.000 Arbeitsplätze geschaffen wurden. Das wären weniger als im August mit damals 142.000. Die Arbeitslosenquote dürfte danach bei 4,2 Prozent verharren. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes in den USA spielt besonders für die Geldpolitik eine große Rolle. "Auf die Entscheidung, ob die Währungshüter noch einmal um 50 Basispunkte senken oder unmittelbar zum 25er Tempo übergehen, wird der heutige Arbeitsmarktbericht einen erheblichen Einfluss haben", prognostiziert Thomas Altmann von QC Partners.
Die US-Notenbank Federal Reserve hatte jüngst die Zinswende nach unten vollzogen und dürfte weitere Lockerungsschritte folgen lassen. Die Währungshüter konstatierten, dass sich der Beschäftigungszuwachs zwar verlangsamt habe, die Arbeitslosenquote jedoch noch niedrig sei. Experte Innes bewertet positiv, dass die US-Wirtschaft weiter ihre Widerstandsfähigkeit beweist. Diese Medaille habe aber eine Kehrseite: "Angesichts der so guten Wirtschaftsentwicklung hat die US-Notenbank Federal Reserve möglicherweise keine überzeugenden Argumente für eine massive Zinssenkung im November."
Auch an der Wall Street hat die drohende Verschärfung der Nahost-Krise die Investoren verunsichert. Der Handel war gestern in den ersten Stunden geprägt von hoher Nervosität. Später beruhigten sich die Gemüter etwas. Zum Börsenschluss holte der technologielastige Nasdaq 100 mit minus 0,05 Prozent seine Verluste beim Stand von 19.793 Punkten fast noch auf. Der Leitindex Dow Jones Industrial beendete den Handel 0,44 Prozent schwächer auf 42.012 Zählern. Der marktbreite S&P 500 gab um 0,17 Prozent auf 5.700 Punkte nach.
Stark ausgefallene US-Konjunkturdaten und die damit verbundene Hoffnung auf eine weiche Landung der amerikanischen Wirtschaft konnten die Kurse nicht nachhaltig positiv beeinflussen. Die Stimmung im Dienstleistungssektor der Vereinigten Staaten hatte sich deutlich aufgehellt. Dies schürte allerdings auch etwas die Befürchtung, dass die Zinsen langsamer sinken könnten als bislang gedacht.
Die wichtigsten Börsen in Fernost haben derweil heute keine klare Richtung ausgebildet. Die Marktakteure blieben vorsichtig und beobachteten die Entwicklungen im Nahen Osten. Zudem seien viele Anlegerinnen und Anleger auch vor dem mit Spannung erwarteten monatlichen US-Arbeitsmarktbericht im späteren Tagesverlauf an der Seitenlinie geblieben, hieß es. Der Tokioter Nikkei 225 schloss 0,2 Prozent höher bei 38.636 Punkten. In der Sonderverwaltungsregion Hongkong erholte sich der Hang-Seng-Index von seinem klaren Vortagesverlust und gewann zuletzt 2,1 Prozent auf 22.580 Zähler. Die Börsen in Festland-China blieben feiertagsbedingt erneut geschlossen.
Der Kurs des Euro hat sich vor den wichtigen US-Konjunkturdaten wenig verändert. Am Morgen wurde die Gemeinschaftswährung bei 1,1032 Dollar gehandelt und damit etwa zum gleichen Kurs wie am Vorabend.
Nach dem zuletzt kräftigen Anstieg der Ölpreise halten sich die Anleger am Rohstoffmarkt zum Wochenschluss eher zurück. Das Nordseeöl Brent und das US-Öl WTI notieren kaum verändert bei 77,53 beziehungsweise 73,65 Dollar je Fass. Die Furcht vor einem größeren Konflikt im Nahen Osten, der die Rohöllieferungen unterbrechen könnte, hat die Preise in dieser Woche um rund acht Prozent nach oben getrieben.
Im Blickfeld stehen heute bei den Unternehmen die Autobauer. Die Aktien könnten von möglichen Strafzöllen der EU gegen chinesische Elektroautos und den zu befürchtenden Gegenmaßnahmen Chinas bewegt werden. Die Abstimmung in Brüssel wird am späten Vormittag erwartet. Deutschland ist gegen die Zölle, und die deutsche Automobilindustrie sieht mehr Nachteile als Vorteile durch die Maßnahme.
Am Vormittag ging außerdem der Börsengang von Springer Nature über die Bühne - und der Berliner Wissenschaftsverlag hat ein erfolgreiches Debüt hingelegt. Der erste Kurs der Aktien wurde an der Frankfurter Börse mit 24 Euro festgestellt. Das sind 6,7 Prozent mehr als der Preis von 22,50 Euro, zu dem die Papiere ausgegeben worden waren. Springer Nature ist erst der dritte größere Börsengang in Deutschland in diesem Jahr. Zu Jahresbeginn hatten der Panzergetriebehersteller Renk und die Parfümeriekette Douglas den Sprung an den Aktienmarkt geschafft. Die Emission brachte Springer Nature 600 Millionen Euro ein, 400 Millionen davon gehen an den Finanzinvestor BC Partners, der seine Beteiligung von 47 auf 36 Prozent abschmelzen lässt.
Der neue BASF-Chef Markus Kamieth hat Milliardeninvestitionen in den Erhalt und Ausbau des Standorts Ludwigshafen zugesichert. "78 Prozent der Anlagen sind zukunftssicher. Ich finde das beeindruckend viel", sagte er dem Handelsblatt. Der Chemiekonzern, der unter der weltweit mauen Konjunktur leidet, werde in den nächsten Jahren Milliarden in den Erhalt, die Modernisierung und den Ausbau des Stammwerks investieren. Gleichzeitig seien aber weitere Einsparungen nötig. In Ludwigshafen sollen die Kosten daher bis 2026 um 1,1 Milliarden Euro sinken. Das ist annähernd die Hälfte des weltweiten Sparvolumens von 2,1 Milliarden Euro.
Die Online-Apotheke Redcare Pharmacy rechnet 2024 wegen der höheren Werbeausgaben für das E-Rezept mit einem geringeren Gewinn als bisher. Die Marge basierend auf dem bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erwartet das Management im laufenden Jahr jetzt zwischen 1,2 und 2,2 Prozent, wie der im MDAX notierte niederländische Konzern mitteilte. Bisher hatte das Unternehmen eine Marge von 2 bis 4 Prozent in Aussicht gestellt. Redcare ist in Deutschland vor allem mit der Marke Shop Apotheke vertreten.