Kanzler Scholz verspricht immer wieder Führung in der Regierung, bleibt die aber oft schuldig. Zu oft, finden immer mehr Sozialdemokraten. So habe er gegen CDU-Kanzlerkandidat Merz keine Chance, sagt der Thüringer SPD-Politiker Bausewein. Das ginge nur mit einem Kandidatenwechsel.
Der ehemalige Landesvorsitzende der SPD in Thüringen, Andreas Bausewein, hat sich für Verteidigungsminister Boris Pistorius als Kanzlerkandidat seiner Partei ausgesprochen. "Wir leben in einer Zeit, in der Personen Parteien ziehen", sagte Bausewein, der bis Ende Juni Oberbürgermeister von Erfurt war, dem "Stern". "Wenn die SPD eine Chance haben will, die Union zu besiegen, dann heißt unsere beste Chance Boris Pistorius." Es handele sich nicht um eine Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz, sondern um eine "nüchterne Abwägung", so Bausewein. Laut Bausewein müsse die Partei jetzt eine Frage diskutieren: "Was nützt dem Land und der Partei am meisten?" Er forderte eine schnelle Entscheidung.
Bausewein sagte, er hoffe sehr, dass Pistorius zur Verfügung stehe: "Ich kenne viele Sozialdemokraten, die das genauso sehen wie ich." Er fügte hinzu: "In Thüringen dürfte dies Mehrheitsmeinung sein." So sprach sich auch der SPD-Landrat des thüringischen Landkreises Nordhausen, Matthias Jendricke, für Pistorius aus. "Wenn die SPD in der glücklichen Lage ist, einen populären Kandidaten zu haben, der deutlich beliebter als Merz ist, dann wäre es doch fahrlässig, diese Chance nicht zu nutzen", sagte er dem "Stern".
Auch aus anderen Bundesländern kommen SPD-Stimmen für einen Kanzlerkandidaten Pistorius. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt, Rüdiger Erben, sagte dem "Spiegel": "Boris Pistorius macht sehr gute Arbeit, und deshalb genießt er eine hohe Anerkennung - in der Truppe, aber eben auch im ganzen Land. Er wäre zweifelsohne das beste Angebot für die Wähler, weil er die Menschen besser erreicht."
Scholz erfüllt laut Mützenich alle Voraussetzungen
Der "Spiegel" zitiert auch den SPD-Vorsitzenden der Stadt Osnabrück, Robert Alferink: "Seit Tagen werden die Stimmen lauter, die sich für Boris als Kanzlerkandidaten aussprechen." Pistorius war von 2006 bis 2013 Oberbürgermeister in Osnabrück. Auch aus Hamburg war Unterstützung für Pistorius laut geworden.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich stellte sich bei einer Debatte im Bundestag dagegen hinter Scholz. Er sagte, im anstehenden kurzen Wahlkampf gehe es um eine Richtungsentscheidung und die Frage, wer der bessere Kanzler sei. "Es geht um Kompetenz, Erfahrung und Integrität." Scholz erfülle alle Voraussetzungen. "Wir und ich werden ihn mit ganzer Kraft unterstützen dabei."