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fcn.de: Hansi, wie war das damals mit einer so jungen Mannschaft? Hansi Dorfner: Das war etwas ganz Besonderes. Ich kam 1984 vom FC Bayern, von einer sehr erfahrenen Mannschaft. Ich war 18 Jahre alt, erst seit einem Jahr Profi, und traf dort auf ein Team das mit lauter Stars wie Paul Breitner, Karl-Heinz Rummenigge oder Klaus Augenthaler gespickt war. Dort war ich einer unter vielen, besser gesagt, gar keiner. Ich hatte dann das Glück, nach Nürnberg ausgeliehen zu werden, wo es das komplette Gegenteil war. fcn.de: Nämlich? Hansi Dorfner: Ganz junge Burschen und eine wahnsinnige Kameradschaft. Bei uns war kaum einer älter als 22 Jahre. Es war etwas sehr Schönes, Teil des Teams zu sein. Zum einen, weil wir unbekümmert waren und einfach drauf los spielen konnten, zum anderen, weil wir in Heinz Höher einen Trainer hatten, der uns gut führen konnte. Wir hatten unglaublich viel Spaß am Fußball spielen, es war eine unvergessliche Zeit für mich. fcn.de: Was hat euch ausgezeichnet? Hansi Dorfner: Die Unbekümmertheit! Wir haben einfach gern Fußball gespielt und hatten auch einen Trainer, unter dessen Führung wir mit dem Gefühl der Unbekümmertheit spielen konnten. Es gab richtig gute Fußballer und viele Talente bei uns im Team. Es hat alles zusammengepasst. fcn.de: Wie wurde das junge Team damals in der Öffentlichkeit bewertet? Hansi Dorfner: Zunächst gab es natürlich schon eine gewisse Skepsis, da es unruhige Zeiten in Nürnberg waren. Man sprach damals von der sogenannten „Oktober-Revolution“, bei der einige Spieler entlassen wurden und schlechte Stimmung herrschte, weil der FCN einen der unteren Tabellenplätze belegte und es Kritik am Trainer gab. Es hieß dann: „Jetzt steigen sie ab.“ fcn.de: Doch das Gegenteil war der Fall. Hansi Dorfner: Es war die Geburt vieler junger Spieler. Eckstein, Grahammer, Brunner, Klaus, Güttler, um nur ein paar zu nennen. Wir haben dann wider Erwarten fast jedes Spiel gewonnen, dadurch hat sich die Stimmung dann natürlich schnell ins Positive gedreht. Und am Ende sind wir in die Bundesliga aufgestiegen. fcn.de: Ihr habt damals für eine große Euphorie in Nürnberg gesorgt, weshalb euch auch Niederlagen verziehen wurden. Hansi Dorfner: Niederlagen haben wir nicht viele gehabt (lacht). Nein, das stimmt schon. Die Fans haben gesehen, dass wir einfachen Fußball gespielt haben. Wir haben alles gegeben für den Verein, und das springt dann auf die Fans über. Da verzeihen dir die Fans dann auch mal eine Niederlage oder ein schlechtes Spiel. Das hat uns getragen und mit etwas Glück hat alles perfekt zusammengepasst. fcn.de: Wie entscheidend war es, dass es keinen großen Druck von außen gab und ihr einfach frei drauf los spielen konntet? Hansi Dorfner: Wir haben keinen Druck wahrgenommen, weil wir so viel Spaß an der Sache hatten. Wir haben uns über jedes Auswärtsspiel gefreut, wenn wir zusammen übernachtet haben und haben einfach gerne Zeit miteinander verbracht, weil wir so eine enge Clique waren. Es war vielleicht auch ein Vorteil, dass es damals nicht diesen Hype in der Presse gab. Wenn wir vermehrt in der Öffentlichkeit gestanden hätten, hätten wir das Ganze viel mehr realisiert und wären womöglich nicht so frei und ungezwungen auf dem Platz gewesen. Also dementsprechend hat bei uns keiner Druck empfunden, es war einfach wunderschön. fcn.de: Aktuell ist beim Club wieder eine Truppe „junger Wilder“ im Einsatz. Siehst du Gemeinsamkeiten mit der damaligen Mannschaft? Hansi Dorfner: Ich war zuletzt mit meinem guten Freund Gerd Schmelzer wieder mal bei einem Heimspiel des Club. Es hat mir unheimlich gefallen, dass dort auch immer wieder junge Spieler zum Zug kommen. Ein bisschen kann man da vielleicht schon Parallelen ziehen, weil momentan ja auch einige junge Spieler nachrücken, wenn erfahrene Spieler gehen. Bei uns ist das damals allerdings eher aus der sportlich schwierigen Situation entstanden, dass man dann auf die jungen Spieler gesetzt hat. fcn.de: Wie schätzt du es jetzt ein? Hansi Dorfner: Mich freut es unheimlich, dass Miro da so eine tolle Truppe beisammen hat, weil ich ihn sehr schätze und glaube, dass er sehr gute Arbeit leistet. Man sieht ja auch, wie erfolgreich die Mannschaft spielt, trotz des niedrigen Durchschnittalters. fcn.de: Wie wichtig ist bei einer jungen Mannschaft die Einflussnahme von außen, beispielsweise durch taktische Vorgaben? Hansi Dorfner: Das ist eine gute Frage. Ich kann das ehrlicherweise nicht beurteilen, wie das heutzutage ist. Letztendlich ist es immer die Entscheidung des Trainers, ob man die Spieler mehr machen lässt oder einiges an Taktik vorgibt. Mittlerweile werden Nachwuchsspieler meinem Eindruck nach sehr positionsgetreu mitsamt vieler taktischer Vorgaben entwickelt. Uns fiel das damals vielleicht alles etwas einfacher, weil wir in unserem Spiel wenig eingeschränkt wurden und auch ohne medialen Druck aufspielen konnten. fcn.de: Und wo war bei euch die Grenze zwischen „wild“ und „vogelwild“? Musstet ihr auch mal gebremst werden? Hansi Dorfner: Also vogelwild war‘s vielleicht außerhalb des Spielfeldes (lacht). Wir waren ja eine Freundesgruppe und haben mit Mitspielern auch teilweise in WGs gelebt. Und als junge Burschen sind wir da auch schon mal unter der Woche fortgegangen, waren nach dem Spiel in der Warsteiner Stube oder auch mal richtig feiern. Also wir haben es uns richtig gut gehen lassen und all das gemacht, was man sich heutzutage als disziplinierter Spieler und unter Beobachtung der Öffentlichkeit wahrscheinlich nicht mehr erlauben kann. (schmunzelt) fcn.de: Wenn man dich erzählen hört, dann klingt das so, als ob du auch nach all den Jahren noch unheimlich gerne an diese Zeit zurückdenkst. Hansi Dorfner: Ich bin immer wieder fasziniert davon, wie vielen Menschen diese Zeit noch in Erinnerung geblieben ist. Wenn ich beim Club bin, werde ich so häufig noch erkannt und darauf angesprochen. Für uns hat sich das damals zwar nach Normalität angefühlt, aber wenn ich mittlerweile daran zurückdenke, ist das schon unglaublich, was wir in dem Alter auf die Beine gestellt haben. Für uns Spieler war es schon die schönste Zeit überhaupt, aber auch für den Verein und die Fans war es unvergesslich, glaube ich.