Emelie hat es sich gewünscht und natürlich gehen wir der Thematik gerne nach. Nun ist die Thematik keine große Sache. Die Umsetzungs-Hürde ist recht minimal. Dieser Artikel befasst sich eher mit den Fragen von Wechselwilligen und am Ende mit der Sinnigkeit des Unterfangens.
Windows-Spiel
Eine .EXE auszuführen, ist ja schon länger kein Problem mehr für den Linux-Nutzer. Zocken ist seit Proton auch nur noch gelegentlich mit Bastel-Arbeiten verbunden. Es gibt aber eine Facette, die für mich als Nicht-Windows-Nutzer gar nicht so präsent war, da ich keine Berührungspunkte damit habe.
Vielleicht können es einige nachvollziehen, die schon ein paar Tage länger unter der Sonne wandern. Spätesten 2004, mit der Veröffentlichung von Half Life 2 brauchten Gamer einen Steam-Account. Augenscheinlich hat sich die Nutzer-Zahl seither massiv gesteigert. Ungern und mit leichtem Misstrauen habe ich mir dann auch für Command & Conquer später einen Origin-Account ( heute: EA-App ) zugelegt.
Vor 20 Jahren auf das Steam-Pferd gesetzt zu haben und ihm auch treu zu bleiben, war rückblickend die absolut richtige Entscheidung.
Allerdings ist das nur meiner Gaming-Historie. Die Möglichkeit Spiele über den Windows-Store zu beziehen ist komplett an mir vorbeigegangen. Bei Linux-Interessierten, die jetzt erst zu wechseln gedenken, kann das aber anders aussehen.
Die benötigte XBOX-App zum Spielen der Inhalte lässt sich leider stand heute nicht funktionsfähig unter Linux installieren.
Eine Möglichkeit gibt es dann doch noch, um seine Spiele zocken zu können. Namentlich: XBOX-CLOUD-GAMING.
XBOX Cloud Gaming
Der Header der Website begrüßt uns zunächst mit dem Zusatz BETA, was für mich erstmal impliziert, dass wir zumindest mit Rucklern, Tearing und Abstürzen rechen sollten.
Sollte man noch keinen Account haben, muss man diesen natürlich erstellen. Über den GAME PASS ULTIMATE ABRUFEN-Button kann nun ein Abonnement abgeschlossen werden. Bei 1 € für zwei Wochen kann man den Spaß mal mitmachen.
Die Wahl der Qual
In meinem Arbeitszimmer steht so manche Gerätschaft, mit der ich nun mein 14-Tage-ABO austesten könnte. Da wäre der Midi-Tower, das Surface Go 2, das Steam Deck … aber ich sitze hier gerade an meinem Raspberry Pi 5 und der Browser ist schon offen, weshalb ich mich jetzt nicht um ein anderes Gerät bemühen werde.
Testen werde ich zunächst das Spielen mit meinem XBOX-Series-Controller, welchen ich über einen gut funktionierenden Bluetooth-Dongle verbinde.
Zurück im Browser stelle ich fest, dass der Controller als nicht verbunden angezeigt wird. (Zweites Symbol von Links)
Test ist aber Test, weshalb ich trotzdem fortfahre und Forza Horizon 4 anteste.
Erstaunlich, aber wahr: Das Spiel lässt sich anstandsfrei mit dem Controller steuern.
Grafik und Latenz
Natürlich habe ich das Cloud-Gaming auch auf meinem richtigen PC getestet, muss aber sagen, dass es keinen Unterschied macht. Sowohl über PC als auch Raspberry Pi waren die Texturen sehr matschig, was auf dem nächsten Bild gut ersichtlich ist. Interessant ist aber, dass die Latenz kaum spürbar war. Das ist in meinem Fall nicht selbstverständlich, da bei uns keine Glasfaser liegt.
Anders verhält es sich bei meinem nächsten Testdurchlauf mit Quake Enhanced. Hier ist die Latenz auf beiden Systemen deutlich spürbar. Sowohl Maus und Tastatur haben einen Input-Lag von 1 Sekunde, wodurch Quake unspielbar wird. Zudem erinnert die Video-Qualität an sehr pixelige Videos aus den 2000er Jahren. Anders als bei Maus und Tastatur hat der über Bluetooth verbundene XBOX-Series-Controller kein Input-Lag, was mich etwas ratlos zurücklässt.
Ich kann das Ergebnis aber nicht so stehenlassen, seit nunmehr zehn Jahren versichert mir mein Provider, dass ich die beste Leitung für meinen Standort habe. Namentlich DSL 50.000. Somit kann ich nicht mal Microsoft dafür den schwarzen Peter zuschieben, sondern der Bundesregierung von vor 40 Jahren, die Glasfaser nicht so wichtig fand, aber das ist wirklich eine Story für sich.
Um diesen Test objektiv zu beenden, muss ich mich also in einen Haushalt einquartieren, der nicht nur über Klingeldraht und DSL 50.000 verfügt.
Gesagt, getan
Nachdem ich mich ans andere Ende der Stadt begeben habe und am Laptop meiner Mutter sitze, die allen Ernstes eine DSL 500 Mbit/s Leitung hat, kann ich mir auch ein besseres Bild des Cloud-Dienstes machen.
Neben den eindeutig unterschiedlichen Bandbreiten haben wir hier auch einen Unterschied in der Auflösung. Meine Monitore zeigen 1080p an, wohingegen der Bildschirm des Laptops nur 720p kann. Dass dieser nur über Wifi verbunden ist und nicht mit Kabel, scheint erstmal kein Problem zu sein.
Ein Qualitätsunterschied lässt sich ganz klar erkennen, auf der linken Seite kann man von starker Verpixelung sprechen, auf der Rechten von einem verwaschenen, unscharfen Bild. Auch wenn das Bild von Quake (rechts unten) sehr scharf aussieht, hält die Qualität nur bis man sich bewegt, dann muss man für ein paar Sekunden wieder mit starken Artefakten rechen.
Damit ihr es besser nachvollziehen könnt, streamt doch einfach ein Video eurer Wahl und stellt im laufenden Betrieb alle paar Sekunden von 360p auf 240p um.
Fazit / Die Moral von der Geschicht'
Allem voran sollte natürlich klargemacht werden, dass neben dem Cloud-Gaming-Logo das Wort BETA ansteht. Eingefleischte FOSS-Fans werden hier so oder so nicht glücklich. Interessant ist die Thematik Cloud-Gaming aber für all diejenigen, die gerade dabei sind zu Linux zu wechseln oder mit dem Gedanken spielen.
Die Realität ist: Es gibt auch Menschen, die Geld für Windows- und XBOX-Spiele ausgeben. Kann man es ihnen verdenken? Natürlich nicht. Nicht jeder stöbert im Internet und liest sich wissen an, bis er/sie die beste Möglichkeit gefunden hat und somit gibt es auch Linux-Neueinsteiger, die einen Vollpreis-Titel wie Forza Horizon 4 oder 5 im Windows Store gekauft haben. Da ist es nur verständlich, dass wenn man 69,99 € für ein Spiel gezahlt hat, es auch weiterhin nutzen möchte.
Ich besitze die Spiele auf den Screenshots - namentlich Quake und Forza Horizon 4 -. Somit weiß ich natürlich auch, wie gut diese Spiele aussehen können, wenn sie lokal installiert sind.
Spielspaß kommt bei mir im Cloud-Gaming leider nicht auf. Latenzen, Frame-Drops und ein viel zu oft matschiges Bild verhindern dies.
Für Linux interessierte Gamer bleibt nur mein Ratschlag, auf Plattform wie GOG zurückzugreifen, die DRM-Freie Spiele anbieten oder Steam zu nutzen. Cloud-Gaming steckt nach meiner jetzigen Erfahrung noch in den Kinderschuhen. Ich habe zwar Content auf Video-Plattformen gesehen, in dem die Streaming-Qualität wesentlich besser scheint, aber nicht jeder hat nun mal eine gute Internetverbindung in Deutschland. Somit ist wohl jedes Cloud-Gaming-Erlebins sehr subjektiv.
Quellen
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