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Die Union zieht per Kleiner Anfrage gegen Organisationen zu Felde, die gegen einen Rechtsruck in Deutschland demonstriert haben. Die davon betroffenen "Omas gegen Rechts" kritisieren das Vorgehen harsch, die Grünen fühlen sich an Ungarn erinnert. Die Union selbst erkennt nach wie vor kein Problem.
Vertreter der Nichtregierungsorganisationen, die Gegenstand einer Kleinen Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag sind, üben heftige Kritik an dem Vorgehen der designierten Kanzlerpartei. "Der Fragenkatalog erinnert an Diktaturen", sagte Monika Salzer, Gründerin von "Omas gegen Rechts" dem "Tagesspiegel". Die Fragen empfindet sie als Unterstellungen. "In Wahrheit gefällt der Union nicht unsere politische Ausrichtung", sagte Salzer, "es ist unser gutes Recht, eine mahnende Stimme zu erheben, das tat auch vor kurzem unser Kardinal Schönborn im Bereich des Flüchtlingswesens."
Daniel Drepper, Vorsitzender der ebenfalls betroffenen Journalistenvereinigung "Netzwerk Recherche", sprach von einer "gefährlichen Entwicklung, wenn die Union die Gemeinnützigkeit etablierter journalistischer Organisationen in Frage stellt". Dabei brauche es für die kommenden Jahre das Gegenteil: eine Stärkung gemeinnütziger Einrichtungen, insbesondere im Journalismus, sagte Drepper. "Wir als Netzwerk Recherche werden weiterhin unabhängigen, kritischen Recherche-Journalismus fördern, er wird in Zukunft eher mehr gebraucht und nicht weniger."
Grünen-Chef Felix Banaszak fügte sich in die Reihe der scharfen Kritiker ein. "Diese Anfrage der Union ist der Versuch, kulturkämpferisch Zivilgesellschaft einzuschränken und zu bedrohen", sagte er der Funke-Mediengruppe. "Das ist ein Instrument, das man aus Ländern wie Ungarn kennt, die ins Autoritäre driften." Für Verbände, die gegen die Ampel demonstriert hätten, interessiere sich Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz weniger, kritisierte der Grünen-Chef. Das sei "vermutlich kein Zufall".
Frei: Keine Einschüchterung
Banaszak warnte die Sozialdemokraten vor einer Koalition mit der Union. "Die SPD muss sich die Frage stellen, wie sie mit Friedrich Merz über eine Koalition verhandeln kann, während dieser die Axt an alles legt, was Sozialdemokraten wichtig sein müsste."
Die Unionsfraktion hatte in einer Kleinen Anfrage im Bundestag die politische Neutralität und Gemeinnützigkeit zahlreicher zivilgesellschaftlicher Organisationen in Frage gestellt. In der Anfrage stellt die Fraktion 551 Fragen zur Finanzierung und den Tätigkeiten verschiedener NGOs, die sich an Demonstrationen gegen Rechts und das Abstimmungsverhalten der Union mit der AfD beteiligt hatten. SPD-Chef Lars Klingbeil hatte die Aufnahme von Koalitionsgesprächen an eine Rücknahme der kleinen Anfrage durch die Unionsfraktion geknüpft.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, verteidigte die Unions-Anfrage. Dies sei keine Einschüchterung, sagte er in der ARD. "Selbstverständlich darf man gegen die CDU protestieren, so wie man in Deutschland gegen alles und jeden protestieren darf." Aber wenn man den Status der Gemeinnützigkeit habe und direkt staatliche Mittel bekomme, würden andere Regeln gelten. Dann dürfe man sich "keinesfalls politisch, allgemeinpolitisch betätigen".